

Faszination Yoga: Zwischen Tradition, Lifestyle und Selbstfürsorge - Gunda Windmüller im Interview
Yoga ist heute mehr als Sonnengrüße und Räucherstäbchen. Die Praxis reicht von asketischen Wurzeln in Indien bis zu modernen Formen auf Instagram. Im Gespräch mit Autorin und Yogalehrerin Gunda Windmüller wird deutlich, wie vielfältig Yoga ist – und warum es lohnt, genauer hinzuschauen.
Yoga: Mehr als nur Stretching und Selfcare
Viele Menschen verbinden Yoga mit Sport oder Selfcare. Doch wie Gunda Windmüller betont, war Yoga nie eindeutig. Die Ursprünge reichen bis ins indische Mittelalter zurück, wo es um Philosophie, Askese und spirituelle Praxis ging. Körperübungen, wie wir sie heute kennen, sind dagegen vergleichsweise jung – sie entwickelten sich erst in den letzten 150 Jahren.
Kernaussage: Yoga ist ein „Bedeutungs-Joker“ – es kann Sport, Meditation, Spiritualität oder Lifestyle sein.
Häufige Missverständnisse über Yoga
- Mythos 5000 Jahre: Oft heißt es, Yoga sei 5000 Jahre alt. Tatsächlich tauchte der Begriff vor etwa 2000 Jahren erstmals in Texten auf – und das heutige Hatha- oder Vinyasa-Yoga ist kaum älter als 150 Jahre.
- Nur Stretching? Yoga umfasst Atemübungen, Meditation und philosophische Konzepte. Es geht nicht nur um Beweglichkeit.
- Chakren und Co.: Vorstellungen wie das „Wurzelchakra“ sind kulturell und historisch gewachsen, aber nicht wissenschaftlich belegt. Wichtig ist, sich dieser Hintergründe bewusst zu sein.
Yoga als kulturelles und politisches Phänomen
Yoga hat immer auch eine gesellschaftliche Rolle gespielt – ob in Indien, im Europa des 19. Jahrhunderts oder heute:
- In den 60ern war Yoga Teil der Gegenkultur.
- Heute nutzen Staaten wie Indien Yoga politisch für nationale Identität.
- Gleichzeitig ist es im Westen ein Milliardenmarkt mit Mode, Retreats und Workshops.
Yoga ist nicht nur eine Körperpraxis, sondern auch Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen.
Achtsam und sicher Yoga praktizieren
Gerade Einsteiger fragen sich: Wie starte ich, ohne in Modefallen oder Heilsversprechen zu geraten?
- Auf der Matte bleiben: Nicht vergleichen, sondern die eigene Praxis respektieren.
- Grenzen akzeptieren: Bewegungen brauchen Zeit. Spagat oder Handstand sind keine Ziele für Anfänger.
- Warnsignal Heilsversprechen: Wenn Yoga als „Heilung“ für Krankheiten oder Garant gegen Beschwerden verkauft wird, ist Skepsis angebracht. (Alternative, EU-Health-Claim-konforme Formulierung: „Yoga kann das Wohlbefinden fördern und zu Entspannung beitragen.“)
Praktische Tipps für Alltag & Stressabbau
Einfach umsetzbare Atemübung für mehr Ruhe:
1. Einatmen, dabei bis 5 zählen.
2. Kurz halten.
3. Ausatmen, wieder bis 5 zählen.
4. 5 Atemzüge wiederholen – überall machbar, auch in der U-Bahn oder im Büro.
Diese kleine Praxis hilft, das Nervensystem zu beruhigen und den Fokus zurückzuholen.
Take Aways
- Yoga ist vielseitig: von Spiritualität bis Sport.
- Historisch ist unser modernes Yoga jung und stark westlich geprägt.
- Missverständnisse (z. B. „5000 Jahre alt“) sind weit verbreitet.
- Achtung vor Heilsversprechen – Yoga ersetzt keine medizinische Behandlung.
- Kleine Atemübungen können sofort helfen, Stress zu reduzieren.
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Gunda Windmüller ist Autorin, Journalistin und ausgebildete Yogalehrerin in Berlin. In ihrem kommenden Buch Yoga; Wie es wurde, was es ist (2025) beleuchtet sie die Geschichte und Wirkung von Yoga – von den spirituellen Wurzeln bis zu seiner Bedeutung für körperliche und mentale Gesundheit heute. Neben ihrer Arbeit als Autorin leitet sie Yogakurse und verbindet Praxis mit fundiertem Wissen.
Mehr zu Gundula Windmüller: https://www.gundayoga.de/
119 Faszination Yoga Von Asketen bis Instagram Mit Gunda Windmüller
[Gunda Windmüller] (0:37 - 0:54)
Es kommen halt auch viele Leute, die bedürftig sind, die nach was suchen zum Yoga. Und das ist natürlich leicht, die da abzuholen und zu sagen, ich weiß genau, folge mir und was ich jetzt mit dir tue und was ich dir sage, was du tun sollst, ist das Richtige. Es kann gefährlich sein und es muss nicht immer so krass gefährlich sein.
[Nils Behrens] (0:54 - 1:47)
Herzlich willkommen zu HEALTHWISE, dem Gesundheitspodcast präsentiert von Sunday Natural. Ich bin Nils Behrens und in diesem Podcast erkunden wir gemeinsam, was es bedeutet, gesund zu sein. Wir tauchen ein in Themen wie Medizin, Bewegung, Ernährung und emotionale Gesundheit.
Immer mit einem weisen Blick auf das, was uns wirklich gut tut. Yoga, ist das jetzt Selfcare, Sport oder Spirit? Wenn du schon mal Om gesagt hast, ohne zu wissen warum und wenn du vielleicht einfach neugierig ist, was Yoga eigentlich sein kann, dann ist diese Folge was für dich.
Namaste und los geht's. Gunda Windmüller, Autorin, promovierte Literaturwissenschaftlerin und selbst Yogalehrerin. In ihrem neuen Buch Yoga, wie es wohl was ist, nimmt sie uns mit Bedeutungen von Yoga.
Und glaub mir, da steckt viel mehr drin als nur der Sonnengruß. Und deswegen sage ich herzlich willkommen, Gunda Windmüller.
[Gunda Windmüller] (1:47 - 1:48)
Danke dir, Nils.
[Nils Behrens] (1:49 - 1:52)
Liebe Gunda, hast du letzten Sonntag auch Yoga praktiziert?
[Gunda Windmüller] (1:52 - 1:53)
Ein kleines bisschen.
[Nils Behrens] (1:53 - 1:55)
Ein kleines bisschen? Ja. Was heißt das?
[Gunda Windmüller] (1:56 - 1:57)
Ich hatte nach einer halben Stunde keine Lust mehr.
[Nils Behrens] (1:58 - 2:09)
Eine halbe Stunde? Okay. Mir passiert das, dass ich schon nach einem Sonnengruß, naja, einer, drei, sagen wir mal nach drei Sonnengrüßen, dass ich dann schon sage, ich bin nicht so sicher, ob ich noch weitermache.
[Gunda Windmüller] (2:10 - 2:12)
Ja, ich glaube, es waren vielleicht auch nur vier oder so.
[Nils Behrens] (2:13 - 2:21)
Okay, sehr gut. Erinnerst du dich noch an deinen allerersten Kontakt mit Yoga? Was hat dich damals vielleicht bewegt dazu oder vielleicht auch abgeschreckt?
[Gunda Windmüller] (2:21 - 2:57)
Ja, da erinnere ich mich noch sehr genau dran. Ich war da, also Anfang 20 ist schon länger her, da war ich in so einem Fitnessstudio und habe was damals so üblich war, Bauch, Beine, Po und so Zeugs gemacht. Und irgendwann wurde da auch Yoga angeboten.
Und was ich davon wusste war irgendwie, das ist halt irgendwie was Indisches. Und es ist aber was, also irgendwie war meine Assoziation, das ist was Ernsthaftes so. Und das war halt sowas anderes als diese Bauch, Beine, Po Sachen, wo so Dancemusik lief.
Und dann dachte ich, das möchte ich mal ausprobieren. Und ja, so bin ich dann erst mal da hängen geblieben. Das war meine allererste Yogalehrerin, Bea.
[Nils Behrens] (2:58 - 2:59)
Herzlichen Grüße an Bea.
[Gunda Windmüller] (2:59 - 3:01)
Ja, wirklich. Das war der erste Kontakt.
[Nils Behrens] (3:02 - 4:19)
Ja, lustig. Ja, bei mir war es so, dass ich, also ich kannte Yoga lustigerweise aus wirklich Comics in meiner Kindheit schon. Also es muss dann wieder wirklich lange her gewesen sein.
Und da hat man nur immer so Leute gesehen, die dann sich völlig übertrieben miteinander verknotet haben. Also in sich selbst verknotet haben. Und das weiß ich noch so, das war mein erster Kontakt mit Yoga.
Und dann wollte ich es immer gerne mal machen. Und hatte immer Angst davor. Man kennt ja so diese, auch du kennst dich vielleicht nicht mehr ganz so, weil du noch zu jung dafür bist, aber so 80er-Jahre-Videos, wo dann so ein Mann in die Aerobik-Klasse reingeht und sich total zum Affen macht.
Und so ähnlich hatte ich dann auch immer das Gefühl, dass wenn ich dann da Yoga mache, dass ich dann so der einzige ungelenkige Mann bin und die Frauen alle fließend den Sonnengruß abspulen können. Und dann habe ich Folgendes gemacht. Damals war ich Geschäftsführer von einem Standort des Lanzer Hofs und da hatten wir auch eine Yoga-Lehrerin, Anke, auch Grüße an dieser Stelle.
Und dann habe ich eine Männer-Yoga-Gruppe gegründet, die relativ schnell sehr voll geworden ist, weil scheinbar noch mehr Männer diese Angst hatten, dass sie sich da irgendwie völlig blamieren. Und das haben wir dann fast ein Jahr lang gemacht. Und dann irgendwann haben wir uns getraut, auch in die normalen Yogastunden zu gehen.
Aber das war mein Start damit.
[Gunda Windmüller] (4:20 - 4:20)
Ach, wie schön.
[Nils Behrens] (4:20 - 4:22)
Ja, total gut.
[Gunda Windmüller] (4:22 - 4:36)
Ja, das ist ja ein ungewöhnliches Thema, weil es ist ja nach wie vor so, dass ganz wenig Männer Yoga machen. Und die, die es machen, sind entweder, also aus meiner Erfahrung, so diejenigen, die sich so gerade reintrauen oder die, die das erste Mal, bevor die Klasse überhaupt losgeht, mit einem Handstand aufschlagen.
[Nils Behrens] (4:37 - 4:47)
Oh, gleich mal so ein bisschen flexen, was sie da ein bisschen drauf haben. Okay, ich verstehe. Wann hast du denn gemerkt, dass Yoga nicht nur was für einen Körper ist, sondern auch eben halt ein spannendes kulturelles Phänomen?
[Gunda Windmüller] (4:48 - 6:23)
Ich habe, also wie gesagt, ich habe vor über 20 Jahren mit Yoga angefangen, habe es eine Zeit lang ganz regelmäßig gemacht und dann auch, glaube ich, wirklich Jahre nicht oder so einmal im Jahr oder so. Und dann bin ich vor, ich glaube, es ist jetzt sechs Jahre her, hatte ich mal wieder Lust auf Yoga und habe mich dann immer geguckt, was ist eigentlich das nächste Yogastudio so bei mir, wo ich wohnte. Und da bin ich dann hingegangen und ich war total überrascht, weil so das Yoga, was ich noch so kannte, war so ein bisschen das ursprüngliche Yoga, wo halt irgendwie ein bisschen Räucherstäbchen und da, also es war alles noch so ein bisschen handgemacht, sage ich mal, also die Yogastudios, die ich kannte.
Und plötzlich kam ich in dieses Studio, schicker Hinterhof und es waren irgendwie pinke Wände und alles war, also es war so richtig Hipster Berlin wie ein Café, aber mit Yogamatten. Und ich war total erstaunt und dachte, was ist denn hier passiert? Das hat sich aber ganz schön entwickelt.
Und da war mir klar, dass ich irgendwie da offensichtlich eine kulturelle Entwicklung so ein bisschen verschlafen hatte oder gar nicht mitbekommen habe, dass Yoga plötzlich was ganz anderes war, als ich das noch kannte. Und da dachte ich, da ist aber ganz schön und auch in einer ganz schönen Geschwindigkeit offensichtlich was passiert. Das war so das Erste.
Und das Zweite war dann im Rahmen einer Yogaausbildung, die ich ein Jahr später gemacht habe, wo ich dann merkte, ich lerne hier zwar sehr viel, aber ich lerne wenig über die kulturelle Entwicklung vom Yoga bis, ich würde mal fast sagen, gar nichts. Dabei ist das doch wirklich spannend, denn wenn man davon ausgeht, dass es eine tausend Jahre alte Praxis aus Indien ist, warum sitzen wir jetzt hier in einem Hinterhof in Berlin-Kreuzberg und machen das? Und so viele machen das.
Da ist doch was passiert. Was ist da passiert? Das wollte ich wissen.
[Nils Behrens] (6:24 - 6:38)
Und das wollen wir jetzt alle wissen. Deswegen haben wir diesen Podcast jetzt hier und deswegen hast du auch ein Buch dazu geschrieben. Du schreibst, Yoga sei ein Bedeutungsjoker.
Also finde ich die Begrifflichkeit schon sehr lustig. Was meinst du damit? Und warum ist es gerade wahrscheinlich aus der heutigen Sicht so wichtig?
[Gunda Windmüller] (6:40 - 8:02)
Also als ich mit der Recherche angefangen habe, war ich, und ich glaube, das geht jedem, der sich damit beschäftigt und der auch das Buch lesen wird, erst mal völlig überrascht, was das Yoga ist, was es früher mal war. Also wenn wir das Yoga, was wir heute kennen, also so Atemübungen, Sonnengrüße und all das, was du beschreibst aus den Studios, wenn wir das suchen in Indien vor ein paar tausend Jahren, dann werden wir es überhaupt nicht finden. Also das Yoga, was sich da als erstes entwickelt hat oder was da als erstes beschrieben wird, ist alles Mögliche.
Es ist eine philosophische Idee. Es sind Techniken. Es ist aber auch nicht klar, ist es ein Mittel zum Zweck?
Mit welchem Ziel wird es verbunden? Es gibt verschiedene Ziele dieses Yoga. Das kann Erlösung sein.
Das kann Befreiung sein. Das können supernatürliche Kräfte sein. Das kann auch sein, dass man einfach nur eine bessere Ernte sich wünscht.
Zunächst gab es auch gar nicht diese Körperposen. Die haben sich alle erst im Mittelalter entwickelt. Zunächst gab es wirklich die Idee, Yoga heißt irgendwas mit Anspannen, Anjochen, Verbinden.
Aber was da verknüpft werden soll? Da gibt es zig verschiedene Bedeutungen und Ideen, wie sich das dann spirituell und religiös weiterentwickelt hat. Sprich, es kann irgendwie alles und nichts heißen.
Es gibt eine Indologin, die auch mal einen Witz über das Sanskrit gemacht hat und gesagt hat, also die Sprache des Yoga, jedes Wort im Sanskrit kann sich selbst bedeuten, eine Gottheit oder eine Sexstellung.
[Nils Behrens] (8:04 - 8:05)
Eine gewisse Bandbreite.
[Gunda Windmüller] (8:05 - 8:56)
Eine gewisse Bandbreite ist im Sanskrit drin und auch im Yoga. Das ist für Indologen natürlich auch das Spannende, sich damit auseinanderzusetzen. Aber das fand ich sehr spannend, eben zu sehen, dass das, was ich immer so dachte, Yoga war schon immer mit dem Ziel der Erlösung verknüpft.
Dass das eben nicht stimmte, dass es ein Bedeutungsjoker war. Und das zeigt sich ja auch heute noch. Yoga ist ja auch für ganz viele Menschen was anderes.
Manche machen es Sport oder weil sie damit besser morgens in die Unterhose kommen, wenn sie vorher zwei, drei Sonnengrüße gemacht haben. Und andere machen es, weil sie sich mit der Welt verbinden wollen, mit sich selber verbinden wollten. Also Yoga ist das, was wir auch irgendwie mit Yoga werden wollen, wahnsinnig flexibel.
Und das war schon von Anfang an so angelegt. Und das ist, finde ich, dann eben auch das Spannende, zu sehen, wie es sich dann auch verändert hat und wie die Leute was genutzt haben daraus.
[Nils Behrens] (8:57 - 9:48)
Ich fand es wirklich insofern ganz lustig, weil ich hatte das Gefühl, dass dieser Begriff wirklich etwas inflationär teilweise benutzt wird in der heutigen Zeit. Also ein Beispiel, und schaute an meine Freundin Anastasia, die macht zum Beispiel Face Yoga. Und die hatte so ein Programm All-Yoga-can-Face.
Und da dachte ich immer so, ob sie das erfunden hat, den Namen. Aber dann habe ich festgestellt, nein, Face Yoga scheinbar nennen es schon mittlerweile ein paar mehr Leute. Trotz allem dachte ich so, okay, jetzt gibt es Face Yoga.
Dann wurde mir gerade ein Thema angeboten als Podcast-Interview. Es nannte sich dann Pussy Yoga. Das war dann eben halt um das Thema Beckenbodenstärkung und solche Sachen.
Und wo ich dachte so, Mensch, also man merkt so, dass diese Begrifflichkeit an sehr vielen Stellen eingesetzt wird. Aber das, was du jetzt dann sagst und was ich dann eben in deinem Buch auch gelesen habe, dachte ich so, ach lustig. Also eigentlich war das, was ich eigentlich als eine Art inflationäre Benutzung des Begriffes empfunden hatte, eigentlich war das schon immer so.
[Gunda Windmüller] (9:49 - 10:07)
Ja und nein. Also ich glaube, da müssen wir eine kleine Einschränkung machen, weil also Face Yoga, ich habe auch in Indien am Yoga-Institut, da habe ich auch Face Yoga gemacht. Das wurde da auch unterrichtet.
Solche Dinge sind ja mittlerweile sehr etabliert. Aber da gibt es ja auch sowas wie Wein-Yoga und Bier-Yoga. Okay.
[Nils Behrens] (10:07 - 10:09)
Irgendwann fängt es dann doch an, inflationär zu werden.
[Gunda Windmüller] (10:09 - 10:21)
Da würde ich dann sagen, da hat es dann wirklich auch nicht mehr viel damit zu tun. Weil ich finde, sich zu besaufen, so schön das sein kann, hat aber nichts damit zu tun, fähig zu sein, achtsam zu sein und so weiter.
[Nils Behrens] (10:22 - 10:23)
Saufen ist das Gegenteil von Achtsamkeit.
[Gunda Windmüller] (10:23 - 10:26)
Und von dem, was man mit Yoga machen möchte.
[Nils Behrens] (10:27 - 10:46)
Hundertprozentig. Also ich finde aber auch, wir hatten einen Yoga-Lehrer am Lanzer-Hoch, der immer gesagt hat, Yoga ist nicht Touren. Und das finde ich ist ja auch das, was du jetzt gerade so beschreibst.
Also das finde ich ganz interessant. Deswegen komme ich auch zu meiner nächsten Frage. Was sind aus deiner Sicht die größten Missverständnisse, die wir heute über Yoga haben?
Und wie wirken die sich dann aus, wenn wir es praktizieren?
[Gunda Windmüller] (10:47 - 11:28)
Also ich glaube so, das Nummer eins Missverständnis, was mir immer begegnet ist, dass Leute denken, Yoga ist 5000 Jahre alt. Das ist so eine Zahl, die geistert überall rum. Also ich habe die gegoogelt, die findet man wirklich auf wirklich seriösen Tageszeitungen.
Ich habe die auch in der Ausbildung mal gelernt. Die geistert irgendwie so rum, aber es stimmt nicht. Es gibt keinerlei wissenschaftliche Beweise dafür, dass Yoga 5000 Jahre alt ist.
Wie viele sind es wirklich? Tausend. Und tausend, neunhundert Jahren, so genau kann man das nicht eingrenzen, während der Hinduskultur in der vedischen Zeit auf.
Da taucht der Begriff als erstes Mal auf. Aber das hat noch nichts mit unserem Yoga zu tun. Das Yoga, was wir heute praktizieren, ist 150 Jahre alt.
[Nils Behrens] (11:29 - 11:31)
Ach, nur?
Das ist ja just around the corner.
[Gunda Windmüller] (11:31 - 11:32)
Ja, tatsächlich.
[Nils Behrens] (11:33 - 11:43)
Spannend, sehr spannend. Und was würdest du jemandem sagen, der denkt, Yoga ist nur Stretching und Raucherstäbchen?
[Gunda Windmüller] (11:45 - 11:49)
Den würde ich vielleicht mal vorschlagen, eine Yogastunde mit mir zu machen.
[Nils Behrens] (11:50 - 11:52)
Und du machst mehr Stretching und Raucherstäbchen?
[Gunda Windmüller] (11:53 - 12:02)
Ich glaube, ich weiß, was derjenige meint und hätte dann eine Idee, wie ich vielleicht andere Erfahrungsmöglichkeiten für denjenigen öffnen könnte.
[Nils Behrens] (12:05 - 12:17)
Dein Buch ist ja quasi wie so eine Zeitreise durch die Kulturen, Religion, Politik und Popkultur. Gibt es für dich einen Moment, der alles verändert hat? Also so einen Aha-Moment in der Recherche, als du dachtest, okay, das muss ich jetzt erzählen?
[Gunda Windmüller] (12:18 - 12:43)
Da gab es wirklich wirklich viele. Ich habe ständig auch nach vorne geschrieben, weißt du, was ich jetzt schon wieder rausbekommen habe, was mit Yoga zu tun hat? Also da geht es um Okkultismus, um Gläserrücken im 19. Jahrhundert.
Also es gibt wirklich die wildesten Geschichten, die damit zusammenhängen. Aber was mich sagen wir mal am meisten berührt hat, waren auch so Dinge, ein Beispiel Chakren. Du hast sicher auch schon mal von Chakren gehört.
[Nils Behrens] (12:44 - 12:48)
Aber möchtest du trotzdem vielleicht kurz mal aufklären, damit unsere Hörer alle wissen, was Chakren sind?
[Gunda Windmüller] (12:48 - 13:28)
Also ich sage jetzt mal so grob das, was man immer so mitbekommt in Yoga-Studios, also Chakren oder in der Yoga- Community. Chakren sollen sieben Konzentrationspunkte sein entlang der Wirbelsäule. Die werden oft mit verschiedenen Farben verbunden und oftmals wird gesagt, wenn also das Wurzel-Chakra, was im Beckenboden sitzt, blockiert ist, dann muss man da gewisse Übungen machen, um das zu befreien und so weiter.
Oder das Herz-Chakra, das Hals-Chakra, das Kopf-Chakra und so weiter. Das ist so ein bisschen unbestimmt, wird es aber so weitergetragen. Es gibt so Chakren-Yoga und es gibt Chakren-Befreiung und es gibt da Reinigungssprays für.
Also bei Amazon kann man wirklich irgendwie alles dafür irgendwie sich besorgen.
[Nils Behrens] (13:29 - 13:39)
Ich glaube, die meisten Leute haben schon mal diese Karten gesehen, wo man dann diesen Menschen sieht, der entlang der Wirbelsäule sind ja wie so verschiedene Energiezentren.
[Gunda Windmüller] (13:39 - 14:57)
Genau, die werden dann so dargestellt mit einem, der so im Yogi- Schneidersitz sitzt. Und die Idee der Chakren, und es wird immer so verkauft, es ist ja das Uralt, die Idee der Chakren ist aus dem indischen Mittelalter und die hat etwas mit Tantra zu tun. Und Tantra ist nicht Sex, sondern Tantra ist eine philosophische Strömung in der Zeit und die hat die Idee eines Astralkörpers, eines Yogischen Körpers entwickelt, eines subtilen Körpers entwickelt, wo die Idee war, man bildet den Makrokosmos im Mikrokosmos ab.
Also man kann das Weltall im eigenen Körper sozusagen abbilden, durch Vorstellungen und durch gewisse Rituale. Und in dieser Vorstellung gibt es eben Chakras, das heißt Räder oder Wirbel auf Sanskrit, das sind so Konzentrationspunkte in diesem subtilen Körper. Aber es gibt zig Schriften dafür, in manchen sind es 5, in manchen sind es 20, manchmal sind es nur 7.
Also es gibt keine festgelegte Anzahl dieser Chakren, was auch daran liegt, dass sie eben keine anatomische Wirklichkeit abbilden, sondern Vorstellungen sind. Deswegen kann auch, also kann im Becken auch sozusagen nichts blockiert sein anatomisch oder physisch, weil es eben eine Vorstellung ist.
[Nils Behrens] (14:57 - 15:14)
Also im Gegensatz zu dem, man spricht ja auch mal vom dritten Auge zum Beispiel, so da ist ja wirklich die Zirbeldrüse da wirklich an der Stelle, wo dann immer dieses dritte Auge dargestellt wird. Das heißt also da gibt es eine anatomische Gegebenheit, sage ich mal so, die gibt es jetzt in dem Sinne für die Chakren eigentlich wirklich nicht.
[Gunda Windmüller] (15:14 - 15:28)
Nein, es sind Vorstellungen und es gibt auch in keinem der Texte eine Beschreibung, dass das eine rot ist und das andere gelb oder dass die mit Edelsteinen in Verbindung stehen. Das ist alles eine New Age Erfindung.
[Nils Behrens] (15:28 - 15:29)
Alright.
[Gunda Windmüller] (15:30 - 15:48)
Und von mir aus können Leute wirklich Sachen erfinden. Und wenn es jemandem hilft, sich das irgendwie besser vorzustellen oder wenn es, so, dann ist das von mir aus auch fein. Aber ich finde es trotzdem ein bisschen schwierig zu sagen, das Wurzelchakra hat was mit dem Amethyst zu tun und ist rot und das kostet aber 20 Euro.
[Gunda Windmüller] (15:53 - 16:01)
Oder 200. Oder 200 oder noch mehr.
Also das kann man ja alles machen, aber sich dann auf angeblich uralte indische Weisheit zu beziehen, es stimmt nicht. Und das finde ich schwierig.
[Nils Behrens] (16:01 - 16:03)
Ja, das finde ich total spannend.
[Gunda Windmüller] (16:03 - 16:10)
Und davon gibt es halt wirklich viele Beispiele, wo Dinge als uralt verkauft werden und sie sind es nicht. Sie sind wirklich Erfindungen des letzten Jahrhunderts.
[Nils Behrens] (16:10 - 17:05)
Weißt du, woran ich gerade denken muss? Das ist so ein bisschen, ich hatte jetzt hier neulich ein Interview auch zu der Historie der Medizin gehabt, so lustigerweise im gleichen Verlag erschienen, Leib und Seele, das Buch. Und da war es zum Beispiel so, dass man da auch über diese ganzen ja, medizinischen Gaukler, so Snake Oil, so auf den Jahrmärkten verkauft haben und all drum und dran.
Und im Grunde genommen eigentlich sind diese sag ich mal Scharlatane, sind ja eigentlich dann irgendwann abgelöst wurden durch die seriöse Medizin. Und das, was du jetzt gerade beschreibst, ist, dass man eigentlich diesen Scharlatanismus eigentlich sich fließend weiterentwickeln lassen, weil einfach nicht diese Ablösung der seriösen Medizin sozusagen, also es gab keinen seriösen Ablöser sozusagen, der dann eben das so offensichtlich macht, dass das eigentlich nicht da herrscht. Außer dir jetzt, du bist jetzt diejenige, die sozusagen den Scharlatan vielleicht aufdeckt, dass es nicht so ist.
[Gunda Windmüller] (17:06 - 17:11)
Ja, wobei ich auch so diese ursprünglichen Vorstellungen des yogischen Körpers nicht als Scharlatan...
[Nils Behrens] (17:11 - 17:38)
Nein, nein, nein, don't get me wrong. Nicht die Chakren, ehrlich gesagt, die Idee der Chakren finde ich immer noch total gut. Also ich finde auch, ich mag auch Auren und so, es ist jetzt auch nochmal wieder ein anderes Thema, aber das finde ich total gut, aber genau was du sagst, also dieses Thema, dass da Steine zu jedem Chakren und sowas dann irgendwie so gehören und sowas, damit das eben halt das siebte Chakra aktiviert, das finde ich eben halt tatsächlich, dass das eigentlich gar keine Daseinsberechtigung hat, finde ich schon hochspannend.
[Gunda Windmüller] (17:39 - 17:52)
Ja, und das ist auch so absurd, weil es ja gerade darum geht, etwas auch also im Körper auch zu vergeistigen und sich dann dafür was für 5,99 Euro zu kaufen, um dem auf die Sprünge zu helfen, ist auch zugleich irgendwie auch tatsächlich absurd.
[Nils Behrens] (17:52 - 18:01)
Es ist absurd, in der Tat. Was können wir denn von den alten indischen Asketen lernen? Also vielleicht jenseits der Selbstkasteiung, also gibt es da irgendwas, was wir auch in unseren Alltag mitnehmen können?
[Gunda Windmüller] (18:03 - 18:40)
Also von Asketen lernen, ich habe mich jetzt wirklich viel auch mit diesen alten indischen Asketen beschäftigt und da gibt es gar keinen Aspekt, den ich irgendwie nachahmenswert finde, weil Asketen, das waren ja nicht nur Männer, die asketisch gelebt haben, im Sinne von Keusch und zum Teil sehr lange in Posen ausgeharrt haben, sehr lange Hunger gelitten haben und so weiter, also sich wirklich strengen körperlichen Praktiken unterzogen haben, das waren auch Outlaws. Also die sind aus ihren Gemeinschaften raus und in die Wälder in irgendwelche Höhlen gezogen.
Die waren sehr asozial, also eigentlich ist das ganz frühe Yoga eine sehr asoziale Angelegenheit.
[Nils Behrens] (18:41 - 18:53)
Also wirklich, du machst ja mit diesem Gespräch, glaube ich, auch echt gerade sehr viele Freunde. Du hast einmal jetzt hier schon mal die Schackernsteine abgeschossen, jetzt sagst du einiges Yoga asozial, also das sind schon gute Statements hier.
[Gunda Windmüller] (18:53 - 19:08)
Ja und das finde ich nicht sehr nachahmenswert, muss ich sagen. Ich hätte eher Lust zu sagen, man sollte es wieder in die Gemeinschaft zurückholen, deswegen würde ich sagen, lass die Finger von Asketen. Ekstase hingegen finde ich gut, Askese?
[Nils Behrens] (19:09 - 20:08)
Ja, also in die Gemeinschaft reinholen, ich finde ja tatsächlich, dass Yoga einfach eine ganz tolle gemeinschaftliche Komponente eben halt auch hat und ich auch gerade diese, ich meine wir reden jetzt die ganze Zeit über Leute, die Geld mit Yoga verdienen, aber wenn man sich so eine Marke wie Lululemon jetzt anschaut, jetzt unbezahlte Werbung in dem Sinne, aber die machen ja auch dann einfach wirklich völlig selbstverständlich, konzipieren die ihre Shops so, damit sie dann irgendwie morgens kostenlose Yoga-Sessions eben halt auch so mit anbieten können und solche Sachen, da werden eben halt alle Ständer zur Seite geräumt und dann kann man eben halt da zum Yoga machen kommen und so und ich finde das ja, diese Community-Aspekte, die da beim Yoga drin sind, finde ich ja ganz, ganz toll, muss man ja wirklich so sagen, aber das ist wahrscheinlich auch das, was dein Gefühl so war, weil die die, wie heißt die andere Marke?
ALO und diese ganze Lululem-ifizierung sozusagen dieser Gerichte ist natürlich etwas, was womit dir auch tatsächlich auch an anderer Stelle dann Geld gemacht wird dann. Inwiefern war Yoga schon immer auch politisch, das heißt, warum ist es so wichtig zu erkennen, wenn man das heute sozusagen auch auf der Mathe praktiziert?
[Gunda Windmüller] (20:09 - 23:14)
Das knüpft so ein bisschen daran an, was ich am Anfang mit dem Bedeutungs-Joker beschrieben habe, also Yoga war eigentlich immer das, was die Leute gerade brauchten oder daraus gemacht haben und um mal ein bisschen näher an unsere Zeit zu kommen als Yoga und mit Yoga meine ich jetzt die indischen Texte durch den Kolonialismus, durch die Briten, also aus Indien nach Europa gekommen sind, das war Ende des 18. Jahrhunderts, da ging es los, da wurden diese Yogatexte rezipiert ohne viel Wissen um Kontext und Kultur und Menschen haben das, was sie darin zu erkennen meinten, für sich nutzbar gemacht. Das waren erst interessanterweise in Deutschland die Romantiker, die hatten gerade irgendwie die Aufklärung hinter sich und hatten irgendwie die Schnauze voll von klarer Vernunft und Fortschrittsglaube und Wissenschaft, die wollten ja alle so zurück, blaue Blume, Novalis, irgendwie zurück an die Ursprünge, an Mythen und Quellen des Seins und dann sahen die diese Yogatexte und dachten, das ist genau das, was wir brauchen, diese Art der Spiritualität nenne ich es mal, haben das also so für sich nutzbar gemacht. Das ging im 19. Jahrhundert weiter, wo Yoga auch und das ist eben der, ich weiß nicht ob tragisch so das richtige Wort ist, aber der erschreckende Part, da wurde Yoga auch sehr im völkischen Gedankengut verwendet in Deutschland, wo die Nazis haben ja auch bekanntermaßen die Arier sozusagen erfunden, also diese weiße Herrenrasse erfunden und sich auch Symbole aus dem Hinduismus zu eigen gemacht, also die Swastika, das Hakenkreuz, es ist ein Glückssymbol im Hinduismus, das haben die Nazis genutzt und Himmler war ein ganz großer Esoteriker, also was der da zum Teil, auch noch meine Geschichte, da wollte ich erst ein Kapitel zu machen, ich musste es letzten Endes rausstreichen, weil es viel zu viel war, aber auch da wurde Yoga politisch gemacht, Himmler hat Hitler als Krishna beschrieben, das ist so ein indischer Gott und eine Figur aus einem wichtigen Yogatext, also da wurden auch diese Gedanken einfach genutzt.
Das gleiche gilt für eine ganz andere Richtung, auch so in den 60er Jahren, wo Yoga Teil der Counter Culture war, also Woodstock wurde von einem indischen Guru eröffnet, wissen vielleicht auch die wenigsten, da wollten sie alle nach Osten, das war auch sehr, also nach Osten, nach Indien, das war auch sehr politisch und heute ist Yoga auch wieder politisch, wenn man sich anschaut, was Narendra Modi, der indische Premierminister, der hat ja den internationalen Tag des Yoga durchgesetzt bei der UN, den alle ganz begeistert immer feiern, aber Modi ist ein knallharter Nationalist, der ist ein knallharter Hindu-Nationalist, der diese Propaganda um Yoga auch wirklich nutzt, um alle Nicht-Hindus in seinem Land zu unterdrücken, zu verfolgen und das muss man sich auch mal klar machen, wenn man sich auch anschaut, was er alles über Yoga sagt, was nicht stimmt, er sagt nämlich auch, er ist seit 5000 Jahre alt, es sei eine hinduistische Praxis, die ersten Texte im Hatha Yoga wurden von Buddhisten geschrieben, das stimmt also auch alles nicht, aber hier sieht man eben, Yoga kann halt auch genutzt werden und instrumentalisiert werden.
[Nils Behrens] (23:14 - 24:08)
Wobei ich finde jetzt das ganze Thema Woodstock, da ist man ja ganz dicht auch an so einer Hippie-Kultur, da kann man ja sagen, Hippies, Yoga, it's a fit, den Sonnenbrustpraktizierenden NS-Soldat würde ich jetzt sagen, da hakt es schon ganz schön, muss man ja wirklich so sagen, also mir geht es ja auch so, wenn ich jedes Mal diese indischen Glückssymbole dann so sehe oder ich war jetzt auch neulich in Panama, da gibt es auch eine freie Religion, die auch dieses Hagenkreuz dann eben halt so als Glückssymbol benutzen, also da kriegt man als Deutscher natürlich schon jedes Mal wieder eine kleine Gänsehaut, wenn man das dann in dem Zusammenhang so sieht, aber es sind eben halt, was war zuerst, also muss man dann ja in dem Zusammenhang dann immer nochmal an der Stelle so sagen, aber du beschreibst ja auch, wie sich Yoga in der westlichen Welt grundsätzlich verändert hat, was macht das mit der ursprünglichen Idee aus deiner Sicht?
[Gunda Windmüller] (24:09 - 24:25)
Ja also die ursprüngliche Idee, also die sich so sagen wir mal ein bisschen rausgemendelt hat, ist rausgemendelt ist ja ist ja verknüpft mit der Idee, dass es eine Art von Erlösung gibt.
[Nils Behrens] (24:26 - 24:31)
Also eigentlich geht es darum, das war mir zum Beispiel gar nicht bewusst, Yoga bringt Erlösung.
[Gunda Windmüller] (24:31 - 24:54)
Yoga bringt Erlösung aus dem Kreislauf der Wiedergeburten. Das ist die Idee, die entwickelt wird und mit dieser Idee wurden auch ursprünglich die Praktiken entwickelt. Ich bezweifle, dass das für viele Menschen hier im Westen ein Aspekt ihrer Praxis ist, oder so sehr präsent ist, was damit auch gemeint ist.
[Nils Behrens] (24:54 - 25:01)
Also ich habe schon viele Stunden Yoga gemacht und bisher habe ich noch nie nach der Erlösung gesucht, aber vielleicht habe ich das implizit gemacht, wer weiß es schon.
[Gunda Windmüller] (25:01 - 26:17)
Ja ich meine, es gibt ja Schritte hin zur Erlösung und ich glaube, das ist etwas, was wir ja tatsächlich irgendwie alle mitnehmen. Also die Schritte hin zur Erlösung und ich versuche es mal ganz, ganz doll runterzubrechen, ist ja die Idee, dass wir uns frei machen von unserem Ich oder so von diesem Körper, also dass wir uns transzendieren können und verstehen, dass alles eins ist, mal ganz grob gesagt. Und das ist natürlich ein langer, harter Weg, den nicht jeder leisten kann in einem Leben.
Deswegen gibt es ja auch Wiedergeburten. Aber Yoga Techniken wie Meditation und Atemtechniken oder Hatha Yoga, Körperyoga, dem so ein inneres Feuer entfacht wird, sollen eben dabei helfen, sozusagen wie gesagt, sehr pauschal formuliert, dieses Ich loszuwerden, immer ein Stückchen mehr zu transzendieren. Und ich glaube, das ist durchaus ein Aspekt, den viele Menschen auch vielleicht, wenn sie es in anderen Wörtern beschreiben würden, doch durchaus am Yoga schätzen und deswegen auch transzendieren.
So ein bisschen das Gefühl, dass man eine Verbindung hat zu etwas anderem, dass man nicht nur Ich, Ich, Ich ist, dass man aber auch in sich die Möglichkeit spürt, über sich hinaus, das ist wirklich ganz schwierig zu beschreiben, aber weiß man, was du meinst.
[Nils Behrens] (26:17 - 27:09)
Ich weiß 100% nicht, was du meinst, weil dieses Transzendieren habe ich, ich war jetzt gerade in Sri Lanka und habe da so eine Ayurveda-Kur gemacht und da habe ich dann morgens eineinhalb Stunden und nachmittags eine Stunde jeweils Yoga gemacht und da war genau das, also gerade insbesondere zum Schluss beim Shavasana, hast du wirklich dieses Transzendieren wirklich dann nochmal ganz extrem gespürt. Aber auch schon davor, gerade bei der 90-minütigen -Session hat man sehr viel mit Atemübung begonnen, auch da war das Transzendale präsent, vielleicht darf ich sagen, dass es 7.30 Uhr morgens war, aber trotz allem habe ich das schon, also ich habe es so in diesem Maße ehrlich gesagt aber auch in Deutschland selten erlebt, muss man sagen. Also man merkt schon, wenn man da eben halt so ein, in dem Fall war es jetzt kein Inder, sondern ein Sri Lanker.
Auf jeden Fall ein Einwohner Sri Lankas und nächstes Haus ist ja der indischen Kultur dann an vielen Stellen auch irgendwie sehr, sehr nah und da merkt man schon, dass die da irgendwie anders rangehen, also man merkt, dass da irgendwie der kulturelle, die kulturelle Nähe, Hintergrund und allen Rundan anders ist, als es jetzt vielleicht bei dir ist, die vor vier Jahren mal eine Yoga-Ausbildung hier in Kreuzberg gemacht hat.
Also gar nicht wertend, weil ich glaube auch tatsächlich, dass das Yoga, was ich da auf Sri Lanka erlebt habe, vielleicht gar nicht so ein Bestseller-Publikungsmagnet in dem Maße vielleicht geworden wäre, weil es natürlich auch so ein Stück weit dem Setting passend, adäquat ist. Das heißt also, wenn man dann eben halt nichts anderes zu tun hat, als sich eben halt dann da auf seine Ayurveda-Kur zu konzentrieren, dann hat man natürlich auch diese ganz andere Zugang dazu, als wenn ich jetzt kurz vor der Arbeit noch mal schnell so eine Klasse dann...
[Gunda Windmüller] (28:09 - 28:14)
Genau, dich gerade noch über irgendeinen Autofahrer geärgert hast und weißt, ach, gleich muss ich noch das machen.
[Nils Behrens] (28:15 - 28:26)
Genau. Also von daher, ich glaube, das muss man vielleicht auch einfach dann gar nicht so verurteilen, sondern einfach sagen, es wurde einfach der westlichen Kultur im Sinne von der Anwendbarkeit auch angepasst.
[Gunda Windmüller] (28:26 - 29:43)
Ja. Und ich glaube, was ich auch sehr interessant fand bei der Recherche und auch bezeichnet, weil ich ja gerade selber darauf reingefallen bin, weil mir fehlen die Worte, und in diesen Yogatexten, in den Upanishaden, da gibt es ganz viele Gleichnisse. Und wenn man sich mit dieser indischen Philosophie beschäftigt, stellt man eben fest, dass wir reden ja so gerne in Konzepten.
Das ist so, die europäische Philosophie ist auf Konzepte ausgelegt. Und da findet man eben ganz andere Beschreibungen, die eben oftmals auf so einen Erfahrungsschatz weisen. Und man kann das eben nicht beschreiben.
Viele Dinge muss man eben sozusagen erfahren. Es ist nicht möglich, eine transzendentale Erfahrung so des Loslassens oder so, die kann man ja in allen möglichen Kontexten haben. Die kann man ja auch bei einer Wanderung vielleicht mal haben oder keine Ahnung, beim Sex oder beim Laufen oder irgendwo.
Also irgendwas, wo man merkt, da passiert was Höheres. Und in diesen Yogatexten wird es eben oftmals nur beschrieben und sagt, ihr müsst aber jetzt selber gehen. Und das finde ich eigentlich auch sehr schön, sich das immer mal wieder klar zu machen.
Sie sagen, wir müssen jetzt nicht alles beschreiben können oder genau den Finger drauf halten können, was es ist, sondern das ist eine Erfahrungswissenschaft irgendwie.
[Nils Behrens] (29:44 - 30:02)
Total. Ich weiß genau, was du meinst. Lass uns noch mal kurz so auf den wirklich Milliarden, Multimilliarden Markt Yoga kommen.
Also wirklich von Glitzerleggings über Mondzeremonien über Journaling Workshops. Was ist so dein Zugang dazu? Wo wird es aus deiner Sicht vielleicht auch zu viel?
[Gunda Windmüller] (30:03 - 30:34)
Also ich muss eigentlich schon immer grinsen, was es so mittlerweile alles gibt. Da kann man ja gar nicht, so denkt man ja gar nicht. Ich habe auch neulich irgendwo gelesen, es gibt Tantra-Dating jetzt mittlerweile in Berlin.
Tantra-Dating. Ich habe keine Ahnung, was dahinter steckt.
Ich dachte nur, ja klar gibt es das jetzt auch. So. Und grundsätzlich finde ich ja auch, solange es irgendwie Spaß macht, von mir aus.
Ich liebe zum Beispiel auch Mondrituale. Ich glaube nicht an Mondrituale, aber ich mag Rituale an sich und ich mache das gerne so mit Freunden.
[Nils Behrens] (30:34 - 30:36)
Ich habe noch nie ein Mondritual gemacht. Was macht man da?
[Gunda Windmüller] (30:36 - 31:18)
Ich glaube, ich habe das so ein bisschen selbst erfunden. Aber das ist also so bei Vollmond, setze ich mich mit Freunden hin. Manchmal trinken wir so ein Wasser, was ich am Vorabend irgendwo hingestellt habe, damit sich das mit dem Mond auflädt.
Und wirklich, wirklich Disclaimer, ich glaube da null dran. Aber ich finde es einfach schön, da so eine Zeremonie draus zu machen. Also ich glaube nicht, dass sich da was auflädt.
Das ist einfach nur olles Wasser, was dann da steht. Aber das nutzen wir dann dafür. Und jede schreibt auf, wofür sie dankbar ist, was sie angenommen hat im letzten Mondzyklus.
Und dann schreibt man auf, was man mehr einladen möchte und was man loswerden möchte. Und das kann man dann entscheiden, ob man es den anderen teilt. Und dann wird es zusammengekneult, also das Papier und wir verbrennen das gemeinsam.
[Nils Behrens] (31:18 - 32:43)
Ach lustig, das kenne ich als Feuerritual tatsächlich bei Vollmond. Das machen wir im Lanzer Hof auch immer. Und genau, das wird an Vollmond, werden dann immer aufgeschrieben, was man loswerden möchte.
Ganz wichtig, nicht seine Wünsche aufschreiben, sondern nur das, was man loswerden möchte. Und das verbrennt man dann. Und zweite kleine Anekdote dazu.
Es gibt von der St. Leonhard-Quelle, es ist ja ein Wasser, was man sehr häufig in Reformhäusern findet. Und da gibt es wiederum auch eine extra bei Monschein abgefülltes Wasser. Und es gibt noch mal eins, was speziell, ich glaube zumindest relativ sicher bei Vollmond, also es gibt Monschein und Vollmond abgefülltes Wasser.
Und wir hatten mal Viktoria Beckham bei uns im Lanzer Hof. Und die hat dann in ihrer Story gepostet, dass es hier im Landshof eben halt dieses Vollmondwasser gibt. Und auf einmal kamen dann wirklich Anfragen aus der ganzen Welt an die St. Leonhard-Quelle, dass sie doch bitte bei der Palette Vollmondwasser hier nach Australien schicken sollen. Und da fand ich wiederum, Shoutout an die St. Leonhards, die haben gesagt, ey, die haben in Australien auch Wasser. Machen wir nicht. Also aus Nachhaltigkeitsgründen.
Also das fand ich echt wirklich so, die hätten mit diesem Hype da zu dem Augenblick, hätten die wirklich palettenweise ihr Wasser in die ganze Welt verschicken können. Und haben einfach gesagt, nö. Machen wir nicht.
Total super. Was wäre denn deiner Meinung nach ein guter Kompass, um sich in diesem Wellness Überangebot nicht zu verlieren?
[Gunda Windmüller] (32:45 - 33:53)
Ich finde, grundsätzlich, wenn Heilsversprechen gemacht werden oder wenn Versprechen gemacht werden, die ein bisschen zu drüber sind, da muss man aufpassen. Weil es gibt auch wirklich, wirklich viele Geschichten, gerade aus dem Yoga, es gibt sehr bekannte, schlimme Missbrauchsfälle von großen Gurus im Yoga. Weil es natürlich leicht ist, es kommen Bedürftige, Bikram, ganz, ganz schlimm.
Es kommen halt auch viele Leute, die bedürftig sind, die nach was suchen zum Yoga. Und das ist natürlich leicht, die da abzuholen und zu sagen, ich weiß genau, folge mir und was ich jetzt mit dir tue und was ich dir sage, was du tun sollst, ist das Richtige. Das kann gefährlich sein und das muss nicht immer so krass gefährlich sein.
Aber ich finde zum Beispiel auch schon, wenn irgendwie versprochen wird, wenn du das und das jetzt machst, wirst du nie wieder PMS haben oder so, dann würde ich sagen, nee. Also Yoga kann viel, aber Yoga kann keinen Krebs heilen und Yoga kann auch nicht deinen Hormonhaushalt völlig regulieren. Es gibt, also so.
Da würde ich wirklich appellieren, es gibt da eine Grenze und passt auf, dass ihr die nicht, oder dass ihr die zumindest wahrnehmt.
[Nils Behrens] (33:54 - 34:03)
Sehr schön. Was ist denn, was würdest du raten, wenn ich neu einsteige? Worauf soll ich achten, um Yoga für mich selbst zu erleben und ich sage jetzt mal nicht für den Instagram-Algorithmus.
[Gunda Windmüller] (34:03 - 34:35)
Ja, ich glaube das Allerwichtigste ist, dass man auf der Matte bleibt und damit ist gemeint, dass man nicht nach links und rechts guckt, weil du hattest es vorhin angesprochen, so der Erstkontakt mit Yoga ist, wow, da wird man krass biegsam, dann kann ich irgendwann den Fuß hinter meinen Kopf tun und ein Spagat und so weiter und so fort und also das, wenn überhaupt, wird das Jahre dauern, bis man das kann, wenn man das nicht annähernd kann, Jahre.
[Nils Behrens] (34:35 - 34:36)
Ich konnte das früher.
Ich muss mal gucken.
[Gunda Windmüller] (34:36 - 34:39)
Männer sind oft sehr hüftbeweglich.
[Nils Behrens] (34:40 - 34:42)
Einmal hinter dem Hals müsste ich noch hinbekommen.
[Gunda Windmüller] (34:42 - 34:46)
Für Männer habe ich das wirklich oft erlebt, bei Frauen ist das eine ganz andere Nummer, wir haben andere Hüften.
[Nils Behrens] (34:47 - 34:47)
Ich verstehe.
[Gunda Windmüller] (34:48 - 35:02)
Aber zum Beispiel auch so ein Spagat, ich habe schon so viele Youtube-Videos gesehen, wo es heißt, mach das einen Monat mit mir. Nein, das ist der längste Muskel, den wir haben im Körper, das ist oft der strammste. Ich habe Jahre gebraucht, um Spagat zu können, ich habe wirklich viel Yoga gemacht.
[Nils Behrens] (35:02 - 35:07)
Wirklich? Wim Hof hat mal versucht, mir das an einem Arm auf der Tanzfläche beizubringen, hat auch nicht geklappt.
[Gunda Windmüller] (35:07 - 35:43)
Ja, man kann sich natürlich dabei Muskelfaserriss zuziehen und dann ist man unten, aber es dauert halt wirklich lang und das meine ich mit, guckt nicht nach links und rechts, das ist euer Körper, ihr habt, manche Dinge könnt ihr, manche Dinge stoppen euch auch, das können Fettgewebe sein, das können Muskel sein, das können irgendwie andere verkürzte Weichteile in unserem Körper sein, auch manchmal sind Knochen nicht so bewegt, also nicht so ausgestattet, dass gewisse Bewegungen gut funktionieren. Guckt nicht nach links und rechts, das ist eure Praxis, ihr müsst eure Grenzen kennen und lernen und egal wie cool das aussieht, was jemand anderes macht, kann euch egal sein.
[Nils Behrens] (35:44 - 35:47)
Kann euch egal sein, ich glaube, das ist ein sehr guter Satz, der für vieles gilt.
[Gunda Windmüller] (35:48 - 35:48)
Absolut.
[Nils Behrens] (35:49 - 35:55)
Gibt es eine ganz konkrete Yoga-Routine oder Haltung, die dir persönlich immer wieder hilft, auch wenn der Alltag sehr stressig wird?
[Gunda Windmüller] (35:57 - 36:16)
Atemtechniken, also ich hab, mittlerweile bin ich da auch, glaube ich, ganz gut drin. Wenn ich merke, dass ich Stress bekomme oder aufrege oder Wut bekomme oder also mein Nervensystem gerade einfach komplett auf Alarm steht, dann versuche ich mich immer runter zu atmen und dadurch wieder so eine Mitte zu finden.
[Nils Behrens] (36:16 - 36:20)
Gibt es da eine ganz bestimmte Atmung, die du vielleicht dir mit unseren HörerInnen teilen kannst?
[Gunda Windmüller] (36:20 - 36:54)
Was total hilft und die so ganz schnell geht, ist einfach den Atem zu zählen. Also das kann man halt auch in der U-Bahn machen oder wenn man an der Ampel steht, tatsächlich einfach nur innerlich den Atem zu zählen. Das kann man, je nachdem, wie viel man atmet, kann es drei Schläge oder fünf Schläge sein, also ein, zwei, drei, vier, fünf einatmen, dann so für eine Sekunde halten und dann auf fünf wieder ausatmen, weil wenn man den Atem zählt, da kann man nichts anderes machen.
Und dann ist man, oftmals reicht das schon, so fünf Atemzüge und man ist wieder da.
[Nils Behrens] (36:54 - 37:10)
Ich finde es ganz lustig, ich habe eine ähnliche Meditationspraxis immer, da zähle ich den Atem immer mit eins ein, zwei aus und ich zähle immer nur bis sechs. Und das ist ganz witzig, weil wenn du merkst, dass du abgelenkt bist, zählst du weiter.
[Gunda Windmüller] (37:11 - 37:12)
Ach lustig, ja.
[Nils Behrens] (37:12 - 37:27)
Weißt du, weil zählen können wir automatisch, aber dass du bei sechs aufhören musst, ist quasi die Challenge. Und deswegen, also du merkst immer, wenn du bei sieben bist, denkst du, ah verdammt, ich werde abgelenkt. Und eine schöne Übung.
[Gunda Windmüller] (37:27 - 37:28)
Ist gut, ja.
[Nils Behrens] (37:28 - 37:36)
Eine sehr schöne Übung. Du sagst, Yoga ist auch eine Linse, durch die wir unsere Gegenwart besser verstehen können. Magst du vielleicht mal erläutern, was du damit genau meinst?
[Gunda Windmüller] (37:36 - 39:18)
Ja, also im Prinzip, das was du auch schon angesprochen hast, es ist ein Milliarden-Business geworden. Sowas wie Mindfulness ist ja mittlerweile völliger Mainstream. Und auch völlig entkleidet von so den buddhistischen Ideen, die da mal dahinter steckten, will sagen, Yoga wurde auch so einverleibt in die Dinge, die gerade für uns gesellschaftlich relevant sind.
Also Stichwort Stresspandemie, Stichwort auch so sich fit machen für den Kapitalismus, solche Dinge. Oder so die Wellness, über-Wellnessisierung unseres Lebens. Das sind ja schon alles Dinge, die man auch so soziologisch beobachten kann.
Auch so die Selbstverwirklichung, das Ich so sehr in den Mittelpunkt zu stellen, das Ich zu feiern, dem Ich so immer mehr Raum zu geben und alles zu tun, damit dieses Ich noch gelassener, noch schöner, noch achtsamer und so weiter wird. Da spielt Yoga eine große Rolle. Und ich denke, wir können sehen, auf die Art und Weise, wie mit Yoga Geld gemacht wird, wie Yoga genutzt wird, für was es alles genutzt wird, sagt viel über das aus, wo wir gerade auch gesellschaftlich stehen.
Auch ein Stichwort ist die Säkularisierung. Also Yoga, es gibt ja offensichtlich große spirituelle Bedürfnisse auch in der Gesellschaft. Und die werden von den Kirchen ja nun gar nicht mehr.
Also die Austritte sind jedes Jahr zu verzeichnen, werden nicht mehr abgeholt. Und da scheint aber Yoga jetzt so ein bisschen eine Rolle zu übernehmen, die neu ist und die offensichtlich das so, was die Spätmoderne ausgeht, wir kuratieren uns alle so ein bisschen unser eigenes Sinnangebot zusammen, scheint dann wichtiger Baustein für zu sein.
[Nils Behrens] (39:19 - 40:45)
Ja, sehr interessant, weil auch das sieht man ja in diesen Blue Zones, diesen Regionen, wo die Leute besonders alt sind, die haben ja alle etwas, woran sie glauben. In den meisten Fällen ist es bei den Blue Zones natürlich eine Religion, weil vor 100 Jahren war sozusagen dieser Mindfulness-Trend vielleicht noch nicht ganz so da. Aber ich glaube auch, dass dieses Thema Austreten aus der Kirche oder sich nicht mehr damit identifizieren können, aufgrund von verschiedenen Vorfällen, aufgrund von Steuern oder sonstigen Themen, dass da einfach trotz allem der Mensch wirklich nach etwas sucht, woran er glaubt.
Also das kann ich schon sehr gut nachvollziehen. Das ist einfach etwas, was einem Zweifelsfall ja auch Halt gibt, in irgendeiner Form. Und dazu kommt noch, dass häufig Yoga ja auch mit einer Art von Community, von Gleichgesinnten häufig dann auch so einhergeht.
Manchmal ist es dann auf unterschiedlichem Niveau gleichgesinnt, sage ich mal so. Aber so wie du es beschrieben hast, also die beiden Männer, die sozusagen in die Klasse kommen, der eine, der sofort dann zeigt, wie toll er den Handstand kann, und der andere, der einfach nur, sage ich mal, sowas sehen will, ob das vielleicht auch was für ihn ist. Also da gibt es wahrscheinlich auch die unterschiedlichen Themen.
Wie siehst du denn grundsätzlich, dürfen wir uns eigentlich spirituell überhaupt bedienen, wenn es gar nicht sozusagen in unseren kulturellen Wurzeln ist und die wir eigentlich nicht so verstehen? Also wir reden ja in der heutigen Zeit sehr viel über kulturelle Aneignung. Ist das nicht auch eigentlich eine Art von kultureller Aneignung und ist sie deswegen richtig oder falsch?
[Gunda Windmüller] (40:46 - 42:25)
Also BKS Jenga, sehr bekannter Yoga-Lehrer aus dem letzten Jahrhundert, der hat mal in einer Klasse gesagt, als er etwas beschrieben hat, lies das einfach in der Bibel nach, da steht es doch auch drin. In dem Rigveda, also einer der ersten vedischen Texte, wird was ganz Ähnliches formuliert. Die Idee, die dahinter steckt, ist einfach, das kann man ja auch wissenschaftlich, religionswissenschaftlich beobachten, dass es gewisse Aspekte gibt, die sozusagen alle Religionen, Weltreligionen irgendwie teilen.
Gewisse Ideen, auch gewisse Erzählungen, die sich überall finden. Also so eine Art von Heiland, Jesusfigur oder auch von Vorstellungen von Erlösung, von einem Leiden an dem Leben, von dem Jenseits und von dem Dieseits. Also es gibt ganz viele Vorstellungen, die einfach weltweit gültig sind.
Und deswegen fand ich das sehr großherzig zu sagen, naja, wir teilen das irgendwie und für dich ist es vielleicht ein Petrus, der das symbolisiert oder für dich mag es ein Mohammed sein, also es etwas anderes ist. Und insofern, denke ich, darf man sich spirituell selbstverständlich irgendwie bedienen, wenn das in einem Seiten zum Schwingen bringt. Eine andere Frage, was du ansprichst der kulturellen Aneignung, ist natürlich die Art und Weise, unabhängig jetzt so von spirituellen Aspekten, was wir mit kulturellen Aspekten machen und wie wir mit wirklich, sagen wir mal, handfester religiöser Symbolik auch umgehen.
Also wenn zum Beispiel indische Gottheiten auf den Fußboden gestellt werden in Yogastudios, das wird sehr respektlos wahrgenommen von Hindus.
[Nils Behrens] (42:25 - 42:26)
Das wusste ich gar nicht.
[Gunda Windmüller] (42:26 - 43:32)
Weil sie nicht auf den Boden gehören. Oder dass man das Umzeichen oder ein anderes Sanskritzeichen auf eine Yogamatte druckt und dann mit den Füßen, weil die Füße sind unrein, mit den Füßen da drauf tritt. Das ist ein respektloser Umgang damit.
Und ich finde, da schulden wir schon dieser Praxis, uns damit auseinanderzusetzen und etwas achtsam damit umzugehen, sprich uns zu informieren. Was ist das überhaupt? Also wie oft sehe ich, dass Leute sich irgendwelche Sanskritzeichen umhängen und also No Judgment oder tätowieren, aber wisst ihr, was das bedeutet?
Und wenn ihr es wisst, dann fine oder so. Aber da würde ich mir schon wünschen, dass da mehr Auseinandersetzung stattfindet, gerade vor dem Hintergrund, wo man ja weiß, dass es Kolonialisierung gab und dass gerade die Briten mit einer, vielleicht ist das ein bisschen euphemistisch gesagt, aber höchstmöglichen Respektlosigkeit indischer Philosophie und Kultur gegenüber sich aufgeführt haben und das zu reproduzieren, finde ich, sollten wir uns von Abstand nehmen.
[Nils Behrens] (43:32 - 45:12)
Ja, verstehe ich sehr gut, was du meinst. Ich hatte zum Beispiel, mir hat mal irgendwann jemand erzählt, und ich habe es da nie hinterfragt, dass dieses ganz bestimmte Sanskritzeichen, was man eigentlich fast immer in dem Zusammenhang mit Yoga und allem sieht, dass das Namaste heißen würde. Und es heißt aber ja Om.
Und das ist manchmal so witzig, wenn man einfach wirklich einmal jemand das erzählt, also genau genommen hat mir dann irgendwie, ich war in Indien und da wurde ich dann sozusagen aufgeklärt, dass das immer das Om bedeuten würde. Und dann dachte ich, okay, ich traue jetzt dem indischen Führer mehr als derjenige, der mir damals erzählt hat, dass es Namaste heißt. Aber nevertheless, ich habe es auch noch nie wieder hinterfragt oder nachgeprüft, also du widersprichst mir ja zumindest an dieser Stelle jetzt nicht, insofern scheint es mal richtig zu sein, aber das meine ich.
Also man ist dann manchmal auch einfach, sage ich mal, zu wenig reflektiert ist das falsche Wort, aber zu wenig, also man geht dem nicht wirklich nach, vielleicht in dem Maße. Und ich weiß nicht, wie viele Yoga-Matten in meinem Leben schon gesehen haben, wo das Om-Zeichen dann drauf war. Und ich glaube auch, dass ich wahrscheinlich in mehr Yoga-Studios war, wobei fairerweise muss man sagen, meistens sind es Buddha-Statuen, die dann da auf dem Boden stehen.
Aber nichtsdestotrotz, also ich würde sagen, ich bin kaum einem Yoga-Studio gewesen, wo nicht auf dem Boden stand, sondern meistens, also fast immer steht er auf dem Boden und dann gerne, wenn dekoriert wird, noch mit ein paar Lotusblättern oder Rosenblättern oder keine Ahnung, was so drumherum, aber fast immer auf dem Boden. Und das, was du sagst, also die wie heißt die mit dem Elefanten-Nase?
[Gunda Windmüller] (45:14 - 45:14)
Ganesha.
[Nils Behrens] (45:15 - 45:31)
Ganesha, genau. In Sri Lanka zum Beispiel war es dann tatsächlich auf dem Podest. Interessant.
Wirklich interessant. Aber dann kommen wir doch mal zu den absurdesten Yoga-Momenten, die du bisher in deiner Recherche gefunden hast, egal ob peinlich, esoterisch oder einfach skurril.
[Gunda Windmüller] (45:32 - 46:30)
Also ich war auch wirklich auf einigen Yoga-Festivals, habe ganz viele Yoga-Workshops mitgemacht und das, was ich am skurrilsten fand, war ich auf einem Festival und da sollten wir, da wurde dann so Frauen-Yoga gemacht oder weibliches Yoga und ich war schon sehr skeptisch, aber ich wollte trotzdem wissen, was damit gemeint ist. Und dann wurden wir dazu angeleitet, uns im Schneidersitz hinzusetzen und um mehr mit unseren weiblichen Energien in Kontakt zu kommen, uns gedanklich vorzustellen, wie wir unsere Gebärmuttern in den Boden versenken. Und vorher sollten wir so Begriffe sammeln, die wir mit Weiblichkeit assoziieren und dann kam sowas wie Sanftheit und Ruhe und Liebe und dann habe ich aufgezeigt und gesagt, Kraft, Stärke und dann hieß es ja, jetzt machen wir das doch mal mit der Gebärmutter, weil du hast offensichtlich zu viel männliche Energien in dir.
Und das war der Moment, wo ich rausgegangen bin.
[Nils Behrens] (46:32 - 46:34)
Ja, I feel you, I feel you.
[Gunda Windmüller] (46:36 - 46:39)
Ja, also es treibt ja manchmal wirklich unfassbar.
[Nils Behrens] (46:39 - 46:42)
Darf ich fragen, war das deutsch? Also war das deutsch geleitet?
[Gunda Windmüller] (46:43 - 46:43)
Ja.
[Nils Behrens] (46:44 - 47:37)
Weil ich finde, das ist so, ich glaube, ich bin da in so einer LinkedIn-Bubble sehr stark drin, wo es natürlich sehr viel immer um Female Empowerment geht und alles. Und gerade da, auch habe ich jetzt gerade gestern wieder einen Artikel gelesen, wie viel Klischee, einfach Gender Manipulation auch immer wieder noch so gemacht wird, so nach dem Motto, wenn man irgendwas kaputt ist, frag doch mal deinen Papa oder lass das mal dein Bruder machen oder keine Ahnung was so. Und das, was du jetzt ja gerade auch wieder beschreibst, also ich persönlich habe tendenziell eigentlich fast immer lieber Frauen in meinem Team als Männer, weil sie genau diese Kraft, Stärke in vielen Hinsichten viel besser mitbringen oder ich sage jetzt mal viel besser gezielt einsetzen würde ich sagen, gezielt einsetzen.
Und von daher finde ich, das sind absolut gerechtfertigte Begrifflichkeiten.
[Gunda Windmüller] (47:37 - 47:37)
Ja.
[Nils Behrens] (47:39 - 47:47)
Interessant. Gibt es einen Gedanken oder ein Zitat aus deiner Recherche, das du immer wieder hervorholst, wenn du dich vielleicht auch mal ein bisschen verloren fühlst?
[Gunda Windmüller] (47:48 - 48:59)
Ja. Ich war letztes Jahr in Indien auch für die Recherche und war zunächst in einem Yoga-Institut, wo ich auch so eine Ayurveda-Anwendung gemacht habe jeden Tag und das war eine Praktikerin, Ayurveda-Praktikerin, die mich jeden Tag da massiert hat und betreut hat und so weiter. Ich kam da gerade aus der Zeit, mir ging es nicht sehr gut und ich bin dann in Indien gelandet und dann massierte sie mich jeden Tag und ich merkte, ich habe irgendwie noch Schwierigkeiten, hier anzukommen, ich bin irgendwie noch mit dem Kopf in Deutschland und sie merkte das sehr schnell und sagte immer nur, sie konnte auch nicht viel Englisch, immer nur let go.
Und irgendwann nach der Woche hatte sie mich so weit, dass schon eine Hand auf meiner Schulter mir signalisiert hat let go. Dann ist es sozusagen vom Kopf auch in den Körper gewandert und das fand ich sehr schön, das so zu beobachten, wie dieses let go irgendwann so funktioniert hat und ich so internalisiert hatte und da denke ich immer noch ganz, ganz gerne dran und versuche mich da auch so körperlich dran zurückzuerinnern, wie das war. Es war auch etwas ganz Liebevolles.
[Nils Behrens] (48:59 - 50:09)
Witzig, das hat der Yoga-Lehrer bei mir in Sri Lanka auch immer gesagt, so eben beim Shavasana, der ist mit uns quasi so ein Body-Scan durchgegangen und dann hat er immer gesagt, was man also Body-Scan heißt einfach von unten nach oben und dann eben halt einfach zu sagen, so Mensch fühle die Anspannung in deinem Fußsohle und dann let go, let go, let go. Und dann ist er so wirklich Körperteil zu Körperteil von unten nach oben dann durchgegangen und hat immer gefragt nach der Anspannung und dann einfach loslassen, loslassen. Das hat also von Tag zu Tag immer besser funktioniert.
Witzig, also genau meine Erfahrung hat auch dazu dann geführt, dass ich in diesen wirklichen also ganz ehrlich gesagt in den letzten Tagen habe ich dann den Schluss sozusagen, wo er dann oben ankam, immer gar nicht mehr mitbekommen, weil ich dann schon so raus aus dem Körper war, dass es dann einfach nicht, also wie gesagt, ich würde mal sagen spätestens als ich dann irgendwie so beim Brustwirbelsäule ungefähr angekommen war, hatte ich ihn dann verlassen.
Was würdest du denn jemandem raten, der sich für Yoga jetzt interessiert, hoffentlich nach diesem Gespräch, aber sich noch in keinem Studio so richtig gefühlt hat?
[Gunda Windmüller] (50:10 - 51:26)
Ich glaube, dann würde ich erst mal fragen, was die Person so richtig an Yoga interessiert. Also ob es eher so die körperliche Praxis ist oder ob so diejenige, die Person mal gerne Meditation ausprobieren möchte oder Atem ausprobieren möchte und dann würde ich vielleicht sagen, versuch's doch erst mal mit einem Meditationsworkshop, wenn es das ist. So ein MBSR-Kurs, wo man ja auch so Bodyscan und solche Techniken auch lernt oder mach mal Breathwork oder ja, taste dich mal in irgendwie eine Somatic Experience oder was es gibt rein, um da so ein bisschen vielleicht zu spüren, ob das ist, was du dir in der Kombination vorstellen könntest.
Und ansonsten würde ich aber sagen, es gibt ja wirklich mittlerweile so viele Studios, die auch, sagen wir mal, ein bisschen sportlicher ausgerüstet sind, wo man nicht Angst haben muss, irgendwie spirituell überfordert zu werden oder wo man nicht sofort chanten muss. Ja, aber dann gibt es halt für, glaube ich, also auf jeden Fall in allen deutschen Großstädten würde ich behaupten, gibt es wirklich mittlerweile so die eher sportlich ausgerichteten Studios und die, die auch meistens so Chanting und sowas noch mit anbieten und ich glaube, da hat man eigentlich eine ganz gute Auswahl.
[Nils Behrens] (51:27 - 51:48)
Wollen wir vielleicht mal zum Abschluss vielleicht mal so zwei, drei von diesen Haupt-Yoga-Arten vielleicht mal klassifizieren? Das heißt also jetzt zum Beispiel die Kundalini-Yoga ist ja also tendenziell eher gar nicht so sportlich. Sondern da geht es ja tatsächlich sehr stark um das Thema Atmung und Entspannung vielleicht?
Erlösung?
[Gunda Windmüller] (51:49 - 53:32)
Ja, Kundalini ist auch so eine Sache. Also Kundalini ist auch eine Erfindung eines indischen Yoga-Lehrers, aber aus der Mitte des letzten Jahrhunderts. Kundalini, diese Schlangen- Energie, das ist auch eine Vorstellung aus dem Tantra, aber Kundalini- Yoga ist eine Erfindung von den letzten 60 Jahren.
Da wird, ich habe das ein, zweimal gemacht, für mich persönlich ist das nichts. Ich kenne auch Leute, die das ganz toll finden. Da wird viel geatmet und sich wenig bewegt.
Was ich glaube, mittlerweile so in Deutschland, der wenn man von Yoga spricht, ist meistens damit irgendeine Art von Vinyasa-Yoga oder Power-Yoga heißt es auch oft gemeint. Das hat sich auch in den letzten 100 Jahren entwickelt, ist aber stark auch mit ein paar amerikanischen Lehrern verbunden, die das stark gemacht haben. Das ist was sehr Körperfixiertes, wo man in der Regel auch wirklich durch so einen Fluss geht.
Also es ist nicht statisch, wie zum Beispiel Ashtanga-Yoga, ist viel statischer, da werden Posen länger gehalten. Beim Vinyasa, das bedeutet es auch, fließt man. Man fließt in eine Übung, in eine Pose, aus der anderen raus und man hält sie vielleicht, keine Ahnung, fünf Atemzüge, je nachdem, manchmal auch länger.
Das ist so ein bisschen das Schweißtreibende, sportlichere, wenn man so die Körperposen. Das Turnen. Genau, wenn man so guckt, denkt man, die Turnen.
Dann gibt es Jenga-Yoga, wo nicht geflossen wird, sondern wo auch Posen länger gehalten werden, aber immer unter Zuhilfenahme von ganz vielen Props. Also wenn man mal so Bilder sieht, die Jenga sind so die Leute, die so an so Seilen von der Wand runterhängen.
[Nils Behrens] (53:32 - 53:35)
Achso, ich dachte das heißt, wie heißt das, Aerial-Yoga?
[Gunda Windmüller] (53:36 - 54:16)
Nee, Aerial ist das, wo man so in so Hängematten hängt und Kopf über irgendwas macht und so frei, also so über der Luft hängt. Aber diese Schlaufen, die an der Wand hängen, die sind dazu da, dass man auch besser über Kopf kommt. Also man hängt sich da so mit den Hüften rein, klappt die Beine hoch und, also hängt dann auch aber an der Wand.
Also diese, man arbeitet da auch mit Polstern, mit Klötzen, mit Stühlen, um einfach tiefer in so einen Schulterstand zu kommen beispielsweise oder in andere Bewegungen. Ich finde das irgendwie super, weil ich irgendwie auch diese Props liebe, aber das ist wirklich, glaube ich, auch eine... Was hast du unterrichtet?
Persönlich, ich habe Vinyasa-Yoga und Yin-Yoga unterrichtet.
[Nils Behrens] (54:16 - 54:16)
Was ist das?
[Gunda Windmüller] (54:16 - 55:22)
Yin-Yoga. Das ist auch eine neue Erfindung und ist sozusagen, da hält man auch Posen sehr, sehr lange, aber die sind nicht anstrengend in dem Sinne, man muss sie nicht muskulär halten, sondern man geht in eine Entspannung rein. Die kann auch durchaus wehtun, also wenn man sich so nach vorne beugt, kann das ja auch, also muss das ja nicht wahnsinnig angenehm sein, aber es ist eben keine Muskelspannung, die man dafür braucht.
Und die hält man zum Teil sechs, sieben, acht Minuten, um eben auch dem Körper die Möglichkeit zu geben, wirklich loszulassen. Kann ich wirklich jedem. Ich liebe Yin-Yoga sehr, weil das ist ganz faszinierend.
Ich hatte auch schon Yoga-Stunden, wo ich dann so zwei Minuten, drei Minuten schon in einer Pose hing und die Lehrerin sagt, lass los, lass los. Und ich denke, ja Mann, ich weiß nicht mehr, was ich noch loslassen soll. Und eine Minute später, zack, merkte ich es richtig, mein Körper gibt nach, weil die Faszien, das Gewebe braucht auch einen gewissen Druck und eine gewisse Dauer, um sich entspannen zu können, um mehr loslassen zu können.
Das kann man da ganz gut erfahren.
[Nils Behrens] (55:23 - 55:26)
Ich habe immer Hatha-Yoga in Sri Lanka gemacht. Wie würdest du das beschreiben?
[Gunda Windmüller] (55:27 - 55:37)
Hatha-Yoga ist ja im Prinzip der Begriff aus dem indischen Mittelalter, der einfach Körper-Yoga beschreibt. Also Hatha-Yoga ist Körper-Yoga, ist ein Überbegriff, wenn man so will.
[Nils Behrens] (55:38 - 56:20)
Weil das, was wir da gemacht haben, war, dass wir uns meistens eben halt auf einen Bereich sehr stark konzentriert haben, was weiß ich nicht, dann die Core-Muskulatur, sag ich mal so, und dann Varianten, die man mit einer langen Anspannung, lang halten sozusagen, für verschiedene Core-Übungen dann sozusagen gemacht haben. Aber es waren sehr ähnliche Übungen. Also man hat dann eine Art von Übung dann leicht modifiziert und dann wieder sehr lange gehalten.
Und dann wieder modifiziert und wieder lange gehalten. Also beim letzten Mal hat man dann schon wirklich gedacht, okay, jetzt reicht es auch mal. Aber danach hat es sich sehr, sehr gut gefühlt.
Das glaube ich. Sehr schön, zum Schluss, wenn du eine Sache ändern könntest, in der Art, wie wir im Westen mit Yoga umgehen, was wäre das?
[Gunda Windmüller] (56:23 - 56:58)
Ich glaube, einfach wirklich ein paar Dinge ein bisschen mehr hinterfragen. Also, ja, ich finde, dass es hat eine sehr, sehr jahrtausendealte Tradition und diese Tradition kommt aus Indien, auch wenn das Yoga, was wir kennen, neu ist. Und ich finde, das gebietet so ein bisschen der Respekt, da etwas mehr zu hinterfragen und nicht Dinge so blind zu übernehmen, die einem irgendwer da vorne erzählt hat.
Denn ich meine, ich sitze da auch oft vorne und finde es toll, wenn alle Leute das glauben, was ich sage. Aber die Person, die da vorne sitzt, hat auch die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen.
[Nils Behrens] (57:00 - 57:15)
Sehr gut. Für alle, die sich wirklich dann genau dieses hinterfragen wollen und ein bisschen mehr lernen wollen, die sollen dann natürlich jetzt an dieser Stelle ein Buch kaufen. Es heißt Yoga, wie es wurde, was es ist.
Und es ist im Rohwold Verlag entschieden von Gundar Windmüller. Und ja, ich sage vielen Dank für das Gespräch.
[Gunda Windmüller] (57:15 - 57:16)
Ich sage Dankeschön, Nils.
[Nils Behrens] (57:20 - 57:22)
Hast du eigentlich ein Lieblingssupplement?
[Gunda Windmüller] (57:24 - 57:27)
Einfach zu beantworten, Calcium für die Knochen, Proteine für die Muskeln.