

Krebs – Das Ende der Angst
In der 108. Folge von Healthwise, dem Gesundheits-Podcast von Sunday Natural mit Host Jennifer Knäble, sprechen wir mit der Molekularbiologin Dr. Hanna Heikenwälder über die Zukunft der Krebsmedizin. Ihr zentrales Anliegen: die Angst vor der Diagnose nehmen – durch fundiertes Wissen, neue Perspektiven und konkrete Präventionsmaßnahmen.
Die drei Säulen gegen Krebs laut Dr. Heikenwälder:
1. Krebs verstehen
- Krebs ist ein natürlicher Prozess im Körper – ausgelöst durch spontane Mutationen.
- Jeder Mensch entwickelt im Laufe des Lebens Krebsvorstufen – die Frage ist nicht ob, sondern wann.
-Angst entsteht oft durch Unwissen – Wissen reduziert Ohnmacht und schafft Handlungsspielraum.
2. Krebs verhindern
- Frühzeitige Prävention lohnt sich – je früher, desto effektiver.
- Bewegung (schon 10 Minuten täglich) aktiviert das Immunsystem.
- 7 Stunden Schlaf sind optimal – sowohl zu wenig als auch zu viel (<6 h / >9 h) erhöhen das Risiko.
- Übergewicht, chronische Entzündungen und Stoffwechselstörungen gelten als zentrale Risikofaktoren.
- Gesunde Ernährung, wenig Zucker, maßvoller Antibiotikaeinsatz und Mikrobiom-Stabilität tragen zur Krebsabwehr bei.
3. Krebs besiegen
- Die Zukunft gehört der personalisierten Medizin: Tumore werden genetisch analysiert und gezielt behandelt.
- Neue Ansätze wie mRNA-Immuntherapien, Mikrobiom-Manipulation, KI-gestützte Bildauswertung und Präha-Konzepte verbessern Diagnose und Therapie.
Das Ziel: Präziser, individueller, früher – und damit erfolgreicher.
Was kann ich konkret tun?
In jungen Jahren (ca. 20 bis 40 Jahre) empfiehlt Dr. Heikenwälder, einen gesunden Lebensstil fest zu etablieren: regelmäßige Bewegung – bereits 10 Minuten pro Tag können das Immunsystem aktivieren –, eine ausgewogene, mikronährstoffreiche Ernährung sowie ein normaler Vitamin-D-Spiegel bilden die Basis. Auch die Pflege eines stabilen Mikrobioms (z. B. über probiotische Lebensmittel oder gezielte Nahrungsergänzung) spielt eine wichtige Rolle in der Prävention.
Ab einem Alter von etwa 40 Jahren rät sie, ärztliche Vorsorgeangebote konsequent wahrzunehmen. Dazu zählen etwa Hautkrebs-Screenings, gynäkologische oder urologische Untersuchungen sowie – je nach Risiko – erste Darmspiegelungen. Wer familiär vorbelastet ist, sollte ärztlich prüfen lassen, ob ein genetisches Risiko besteht und ob eine individualisierte Vorsorgestrategie sinnvoll ist.
Bei erhöhtem Risiko, etwa durch familiäre Krebsfälle oder bestimmte Lebensgewohnheiten wie Rauchen oder chronisches Übergewicht, lohnt sich eine präzisere Betrachtung: genetische Beratung, frühzeitige Diagnostik und gezielte Verhaltensänderungen können entscheidend sein. Prävention ist dabei immer lohnend – je früher im Leben, desto effektiver.
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Sunday-Tipp: Prävention beginnt im Alltag
Dr. Heikenwälder betont: Krebsprävention ist ein Marathon, kein Sprint. Und: Jeder noch so kleine Schritt zählt. Regelmäßige Bewegung, ein gesunder BMI, ausreichend Schlaf, ein stabiles Mikrobiom und bewusste Ernährung sind die Basis – nicht nur gegen Krebs, sondern für ein langes, gesundes Leben.
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Dr. Heikenwälder ist Immunologin, Molekularbiologin und Autorin des Buchs „Krebs – Das Ende einer Angst“. Sie forscht an der Schnittstelle von Genetik, Immunsystem und Krebsprävention – mit einem besonderen Fokus auf personalisierte Medizin. Sie ist Mutter von vier Kindern und engagiert sich leidenschaftlich dafür, komplexe Wissenschaft verständlich zu machen.
[Nils Behrens] (0:00 - 0:49)
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[Dr. Hanna Heikenwälder] (0:51 - 1:00)
Krebs ist ein Prozess, der in jedem Lebewesen abläuft. Und die Frage ist nicht, ob wir Krebs kriegen, sondern wann und wo zuerst oder ob wir vorher in etwas anderem sterben.
[Jennifer Knäble] (1:00 - 2:38)
Herzlich Willkommen zu Healthwise, dem Gesundheits-Podcast präsentiert von Sunday Natural. Ich bin Jenny Knebel und wir erkunden gemeinsam, was es bedeutet, gesund zu sein. Wir sprechen über Themen wie Ernährung, Mental Health, Beauty und über Frauengesundheit.
Immer mit einem weisen Blick auf das, was uns wirklich gut tut. Es gibt kaum eine Diagnose, die uns mehr erschüttert, die uns mehr Angst macht und natürlich die auch mehr Fragen aufwirft. Krebs.
Mein heutiger Gast hat da eine klare Botschaft. Krebs sollte nur ein Sternzeichen sein. Sie ist Molekularbiologin, Wissenschaftlerin und eine der spannendsten Stimmen, wenn es um die Zukunft der Krebsforschung geht.
In ihrem Buch Krebs, das Ende einer Angst, räumt sie mit Mythen auf, macht Mut und zeigt, welche revolutionären Ansätze uns Hoffnung schenken und vor allem, wann es soweit sein könnte. Ich freue mich sehr, dass sie heute bei mir zu Gast ist im Healthwise-Podcast. Ganz herzlich Willkommen, liebe Dr. Hanna Heikenwelder. Guten Tag und vielen Dank, dass ich hier sein darf. Schön, dass du es geschafft hast, Hanna. Ich weiß, du bist viel beschäftigt und du bist auch noch neben all deiner wunderbaren Forschung Vierfach-Mama, also größter Chapeau.
Hanna, wir starten direkt ein mit einer Frage, die ich sehr spannend finde und ich glaube, das ist so etwas, was jedem irgendwie durch den Kopf schießt, wenn man das Thema Krebsforschung, Krebserkrankung, Krebsprävention, überhaupt alles eben mit Krebs hört. Wie nah sind wir wirklich an dem Punkt, an dem Krebs nicht mehr tödlich, sondern eine gut behandelbare, vielleicht sogar heilbare chronische Erkrankung ist?
[Dr. Hanna Heikenwälder] (2:39 - 5:04)
Ja, das ist eine sehr wichtige Frage, weil ein Punkt, der vielen Menschen gar nicht so bewusst ist, ist, dass Krebs, also Krebszellen gehen ja aus normalen Körperzellen hervor. Und die meisten Krebsarten, also Brustkrebs, Darmkrebs, Prostatakrebs, das sind alles Krebserkrankungen, die über Jahrzehnte in unserem Körper wachsen. Also für viele Krebsarten weiß man nicht nur, wie lange das ungefähr dauert, man weiß sogar, in welcher Reihenfolge sammeln die welche genetischen Veränderungen an.
Und die Wahrheit ist, alle Krebsarten haben ein Stadium, wo sie heilbar sind, wo sie gut behandelbar sind, aber das Gleiche gilt eben auch für sehr weit fortgeschrittene, metastasierte Krebserkrankungen, die dann schon tausende Mutationen haben. Es gibt heute noch so ein Point of No Return, also wenn der überschritten ist, dann komme ich wahrscheinlich auch mit den besten Medikamenten einfach nicht mehr hinterher, weil die Krebszellen einfach zu stark mutiert sind, zu stark gestreut sind. Aber diese Tatsache, dass Krebs theoretisch zum richtigen Zeitpunkt heilbar ist, die ist sehr, sehr wichtig, weil gerade bei einer Krankheit, die sehr lange dauert, habe ich ein Fenster, wo ich sie erkennen und behandeln kann.
Und diese, ich sage immer bei Krebs, man hat ja nicht nur Angst vor Krebs und vom Sterben, also man kann ja an vielen Erkrankungen sterben, aber trotzdem haben die Menschen mehr Angst vor Krebs als vor anderen Krankheiten. Und der Grund dafür ist, dass wir bei Krebs auch die Therapie so sehr fürchten. Also wir fürchten Chemos, Bestrahlungen und all das, was diese Therapien mit unserem Körper machen, genauso.
Zumal wir bei Krebs auch so ein gewisses Ohnmachtsgefühl haben, weil wir wissen, dass es eben nur bei einem kleinen Prozentsatz überhaupt wirkt. Also man weiß vorher, die Therapie wirkt nur bei 30 bis 40 Prozent, aber wir müssen all diese Qualen und Nebenwirkungen durchgehen und wissen nicht, ob es funktioniert. Und diese Angst, die wird in Zukunft immer weniger gerechtfertigt sein, weil die Therapien genauer werden.
Also eine Chemo ist ja eigentlich ein Zellgift, was alle Zellen schädigt. Und die Idee ist natürlich immer zielgenauer nur die Krebszellen zu treffen. Das wird besser und wir wollen Krebs früher erkennen, damit wir gar nicht erst zu so massiven Maßnahmen greifen müssen.
[Jennifer Knäble] (5:05 - 5:27)
Man merkt das. Die Krebsforschung ist dein Herzensthema. Wer dir unter anderem auch folgt bei Instagram, der sieht das in all deinen Videos.
Da kann man auf jeden Fall mal reinschauen. Sehr, sehr spannend. Gab es einen Moment in deiner Forschung oder in deiner Karriere, der dich emotional besonders bewegt hat, wo du sagst, das werde ich nie vergessen, den Moment?
[Dr. Hanna Heikenwälder] (5:27 - 8:41)
Ja, da gab es tatsächlich mehrere Momente. Also der erste Moment war, ich hatte immer alle möglichen Berufswünsche. Ich fand Erdkunde toll, ich fand Friseur toll.
Also ich habe mir immer alles vorstellen können. Und dann endlich, genau in der zehnten Klasse, haben wir dann Chemie bekommen und haben auch in der Physik dann zeitgleich auch das Atommodell durchgenommen. Und ich dachte, warum sagen die uns das jetzt erst alles?
Also wenn wir das doch wissen, woraus alles besteht. Also für mich war das wirklich so ein seltsamer Aha-Moment. Und alle anderen fanden dann Chemie ganz, ganz schrecklich.
Und ich war total entflammt. Ich konnte mich dann gar nicht mehr entscheiden, mache ich jetzt Medizin, mache ich Biochemie? Die Überlappungen sind ja sehr, sehr groß, auch heute.
Man kann auch als Arzt in die Forschung gehen. Man kann Molekularbiologie machen. Dann kann man alles machen von Virologie, Immunologie, Herz-Kreislauf-Erkrankung, Alzheimer erforschen.
Man ist fast ein bisschen überfordert, was man eigentlich machen soll. Und ich fand sehr spannend die molekulare Immunologie, weil das so faszinierend ist. Es gibt unterschiedliche Signalstoffe und die sagen dann in den Immunzellen, töte die virusinfizierten Zellen oder wenn etwas schiefläuft, wird es eine Allergie oder der Körper greift sich selber an und man kann Immuntherapien machen gegen Krebszellen.
Also ich fand das sehr faszinierend, weil es so komplex ist, das Immunsystem. Und dann habe ich auch meinen Master gemacht an der ETH in Zürich in molekulare Immunologie. Bin dann an die TU München gegangen zur Promotion, auch in eine Gruppe, die molekulare Immunologie macht.
Und das war die Zeit, als immer mehr klar wurde, dass ganz viele Krebsarten durch dauerhafte Entzündungen entstehen. Und das Paradebeispiel ist der Darm. Also chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn, Ulcerative Colitis erhöhen das Darmkrebsrisiko drastisch.
Also Patienten, die das lange haben, unbehandelt, die erkranken sehr früh und haben auch aggressivere Tumore, die sind therapieresistenter, wachsen anders, also sind nicht dieser klassische Polyp, der wie so ein Knoten ins Darmblumen reinwächst. Und zu der Zeit habe ich auch einen Mann kennengelernt, der auch an Krebs forschte, an Leberkrebs, Fettleber, also ernährungsbedingte Fettleber, die in Leberkrebs übergeht. Und das war so eine Zeit, wo bei immer mehr Krebsarten klar wurde, dass diese chronischen Entzündungskrankheiten eine ganz große Rolle spielen bei der Entstehung von Krebs.
Man hat einfach jetzt immer mehr geguckt, was sind denn diese zusätzlichen Faktoren, die man braucht. Und das hat mich einfach begeistert. Und seitdem hat mich immer interessiert, diese Mutationen passieren ja hauptsächlich spontan.
Also ich meine, man kann sie erben, sie passieren durch Zufall. Tatsächlich ist Zigarettenrauchen und Sonnenbaden, das sind eigentlich so die wenigen Beispiele, wo wir ganz recht klare Ursachen für Krebserkrankungen kennen. Aber der Großteil aller Krebserkrankungen entsteht durch zufällige Mutationen.
Ich sage mal, das ist der Samen, den die Krebserkrankung braucht. Aber wie wir leben, ist es Substrat, in dem wir diesen Samen betten. Also wir können nicht verhindern, dass wir irgendwelche zufälligen Mutationen haben, aber wir können ein Leben lang Einfluss darauf nehmen, wie gut wir all den geschädigten Zellen in unserem Körper das Überleben gestalten.
[Jennifer Knäble] (8:42 - 9:13)
Was ich da spannend finde, wenn ich einmal einhaken darf, Hanna, weil das ist ja etwas, was man ganz oft auch hört im Freundeskreis, im Familienkreis oder wenn man mit Leuten spricht, da gibt es ja ganz oft die Beispiele, dass man hört, Mensch, das war eine Frau, die hat immer gesund gelebt, die hat Sport gemacht, die hat nicht geraucht, die war einfach fit durch und durch. Und dann gibt es das Gegenteil. Menschen, die, sagen wir mal, Kette rauchen, gefühlt nur zu McDonalds essen gehen, überhaupt nicht auf die Gesundheit achten und da passiert gar nichts im Körper.
Wie kann das dann sein?
[Dr. Hanna Heikenwälder] (9:14 - 13:54)
Ja, das ist tatsächlich ein ganz großes Problem bei der Krebsprävention, weil diese Geschichten oft klingen, als wenn sie der Grund wären, warum sich Prävention nicht lohnt. Also wenn ich sage, es können auf der einen Seite Kinder bekommen, auf der anderen Seite, ich habe in meinem Buch als Beispiel die Jean Carmen, die älteste Frau der Welt, die ist 122 Jahre alt geworden und hat 100 Jahre geraucht. Aber, jetzt kommt das Aber, eine Zigarette am Tag und sie hat in einer Zeit, als Frauen eigentlich keinen Sport gemacht haben, da ist die Rollschuh gelaufen, ist schwimmen gegangen, ist auf die Jagd gegangen und sie hat in Interviews immer gesagt, wie stolz sie auf ihre geradezu männliche Stärke ist.
Und dann sage ich natürlich, also Preisfrage, was wiegt mehr? 100 Jahre moderates Rauchen oder 100 Jahre Sport? Und ich glaube, wir fokussieren uns immer noch so auf diese bekannten Karzinogene und vernachlässigen immer noch den Effekt all dieser anderen Sachen.
Und was man aber auch sagen muss, oft ist es so, wenn dann Menschen Krebs haben, oder das ist diagnostiziert, weit fortgeschritten, bösartig, dann sagen sie, was kann ich noch tun? Und dann ist aber tatsächlich der Einfluss vom Lifestyle gar nicht mehr so groß, weil wenn die Zellen erstmal so stark mutiert sind, dass sie bereits vollkommen unabhängig wachsen, die wachsen ja unabhängig vom Nahrungs-, vom Wachstumsfaktorangebot, die sind ja außer Kontrolle. Und dann habe ich gar nicht mehr so viel Spielraum.
Und das wirklich Dramatische an der Sache ist eigentlich, dass in all diesen Jahren davor oder Jahrzehnten davor, wo man sich noch überhaupt nicht für Krebs interessiert, da hat man einen sehr großen Einfluss. Also in dieser Zeit, wo wir uns da gar nicht mit beschäftigen wollen, ist es wichtig. Und die Fälle von jungen Menschen, die es kriegen, die zeigen einfach nur, es passiert in jedem Menschen.
Der Großteil der Mutationen ist zufällig. Und genau deshalb macht Prävention Sinn, weil eben niemand vor Krebs geschützt ist, egal wie gesund ich lebe. Das hat keinen Einfluss darauf, ob bei Reparaturenzymen, ob durch Stoffwechselprodukte, ob zufällige Mutationen passieren.
Also man muss wissen, Krebs betrifft einen, weil jeder Mensch, wenn ich mit 60 Jahren gucke, jeder Mensch hat Hautkrebs, irgendwelche Hautkrebsvorstufen, Darmpolypen, Myome, vergrößerte Prostata, Knoten in der Brust. Das ist ein Prozess. Und es ist keine Krankheit, wo ich sage, wenn ich Glück habe, dann geht dieser Kelch an mir vorüber.
Nein, er geht nicht an uns vorüber. Krebs ist ein Prozess, der in jedem Lebewesen abläuft. Und die Frage ist nicht, ob wir Krebs kriegen, sondern wann und wo zuerst oder ob wir vorher an etwas anderem sterben.
Und deshalb lohnt sich Prävention tatsächlich immer. Und je früher, desto besser. Und das nächste starke Beispiel sind Kinder.
Das heißt dann immer, aber Kinder können ja auch Krebs kriegen. Die haben ja noch gar nichts falsch gemacht. Die hätten ja überhaupt nicht irgendwie durch Lifestyle intervenieren können.
Aber auch das ist ein Beispiel dafür, dass die Mutationen alleine das gar nicht schaffen. Weil bei Kindern, Kinder kriegen ja keinen Prostatakrebs, Darmkrebs oder Brustkrebs, sondern Kleinkinder erkranken ja hauptsächlich an Gehirntumoren und an Blutkrebs. Und der Grund ist, dass unsere Nervenzellen nur in diesen ersten Lebensmonaten, also bis zu einem Alter von zwei Jahren, dieses starke Wachstum haben.
Wir haben nie wieder so viele Nervenzellen wie im Alter von zwei Jahren. Das schrumpft danach nur noch. Und das ist der Grund, wenn irgendeine genetische Veränderung auftritt in dem Alter, dann ist dieses starke Wachstumsmilieu ausreichend, dass eine Krebserkrankung entsteht.
Und ein sehr gutes Beispiel dafür ist so ein Netzhauttumor bei Kindern. Manchmal in den Medien liest man davon, dass wenn man ein Foto macht von einem Kind mit Blitzlicht und der Augenhintergrund ist nicht rot, sondern weiß, und nur auf einem Auge, dann sollte man auf jeden Fall zum Arzt gehen. Das könnte ein Retinoblastom sein.
Und das ist ein Gendefekt. Aber wenn Kinder in den ersten fünf Jahren nicht an diesem Netzhauttumor erkranken, obwohl sie dieses Gen tragen, erkranken sie nie wieder in ihrem Leben. Weil danach ist die Netzhaut ausgereift und die Mutation alleine kann den Krebs nicht machen.
Also nur in der Umgebung, wo die Netzhaut wächst, weil sie durch Wachstumsfaktoren dazu angeregt wird, kann der Netzhauttumor entstehen. Und danach nie wieder. Und deshalb sind all diese Dinge, die so widersprüchlich wirken, keineswegs widersprüchlich.
Wir können das alles erklären heute und Sie sagen eigentlich nur sehr, sehr stark, wie stark wir den Einfluss der Gene überschätzt haben und wie lange wir den Einfluss anderer Dinge wie Sport, Ernährung, Stress, Schlaf unterschätzt haben.
[Jennifer Knäble] (13:54 - 14:09)
Da würde ich gerne ansetzen. Du sagst in deinem Buch, es gibt, ich nenne es jetzt mal, drei Säulen. Krebs verstehen, Krebs verhindern, Krebs besiegen.
Warum hast du dir ausgerechnet diese drei ausgesucht, Hanna?
[Dr. Hanna Heikenwälder] (14:09 - 16:50)
Weil sie absolut notwendig sind. Weil die Aufgabe, Krebs zu besiegen, nicht nur bei der Wissenschaft liegt und nicht nur bei den Ärzten, sondern tatsächlich auch eine gewisse Eigenaktivität oder Eigeninitiative, Eigenverantwortung verlangt. Und wenn ich möchte, dass Menschen etwas tun, was vielleicht anfangs unangenehm ist, wie zum Beispiel mehr Sport machen oder abends nicht mehr so viel essen, dann brauchen Menschen Sinn und eine Erklärung.
Und das vermisse ich ganz stark in all diesen Aufklärungskampagnen, die wir haben. Wir lesen so oft, wir sollen gesünder essen und mehr Sport machen, dass wir eine Art Immunität dagegen aufgebaut haben. Wir hören immer das Gleiche.
Aber ich glaube, kaum einer kann erklären, warum Sport mich vor Krebs schützt. Ich weiß, es macht mich schlank an der Eitelkeit. Hier und da kriegt man die Leute noch.
Aber einleuchten, warum Sport bei Krebs gut ist, das ist schwierig zu vermitteln. Und dabei ist es eigentlich gar nicht so schwierig. Das wichtigste Sicherheitsnetz vor Krebs, was wir in unserem Körper haben, oder die höchste Schutzinstanz ist unser Immunsystem.
Und unsere Immunzellen sitzen in den Lymphknoten, im Knochenmark, im Thymus. Und wenn ich mich bewege, also wenn mein Kreislauf in Schwung kommt, mein Herz schneller und öfter schlägt, dann werden diese Immunzellen aus diesen lymphatischen Organen ins Blut mobilisiert. Und man hat zigfache in Studien nachgewiesen, dass zehn Minuten leichte Aerobetätigkeit ausreichen, um die Menge an Natural Killer Cells, also natürlichen Killerzellen, T-Zellen, all diesen Zelltypen, von denen wir wissen, dass sie Krebszellen töten können, im Blut stark zu erhöhen und sogar im Tumorgewebe.
Das ist alles gezeigt. Also man braucht gar nicht viel Sport. Und ich werde auch oft gefragt, was soll ich denn für Sport machen?
Kraftsport, Laufen, wie viel? Und der Witz ist, bei Sport ist es immer die Frage, was möchte ich denn erreichen? Was möchte ich aufbauen?
Möchte ich abnehmen? Bei Krebs, das ist aber ganz einfach, ist es vollkommen egal. Hauptsache bewegen.
Also jede Bewegung ist besser als Sitzen. Und deshalb sagt auch zum Beispiel die WHO oder der Europäische Kodex für Krebsprävention, sagen alle, move more, sit less. Also es ist wirklich ganz einfach.
Und ich glaube, oft ist es so, dass man denkt, okay, ich fange jetzt an mit Sport. Ich brauche jetzt eine Pulsuhr und ich brauche einen Trainer. Das wird dann wieder so kompliziert, ich muss meinen Puls überwachen.
Man soll keine Doktorarbeit draus machen, man soll sich einfach bewegen. Und wenn das die Gartenarbeit oder der Spaziergang ist, egal was, Hauptsache man bewegt sich, ist das Richtige.
[Jennifer Knäble] (16:51 - 17:35)
Mhm. Jetzt haben wir viel gesprochen. Und was ich rausgenommen habe, eigentlich in jedem Satz das Wort Prävention, früh schauen, ja.
Für alle, die jetzt zuhören und sagen, okay, gut, die Hannah hat mich jetzt schon, jetzt muss ich irgendwie gucken, was kann ich tun? Können wir so Alterscluster vielleicht machen, Hannah? Du bist die Expertin, dass man sagt, keine Ahnung, mit 20, mit 40, mit 60, also was heißt Krebsprävention?
Gehe ich da regelmäßig zum Arzt? Was muss ich tun? Wie achte ich auf meine Ernährung?
Sport hast du gerade super erklärt. Also wie kann man so ein kleines Handbuch uns jetzt mitgeben, dass man ungefähr so ein bisschen weiß, in welche Richtung, ja, könnte ich da selbst gehen?
[Dr. Hanna Heikenwälder] (17:35 - 23:00)
Also die Vorsorgeuntersuchung das sind gar nicht so viele, die wir haben, aber diese Vorsorgeuntersuchung, die wir haben, die zielen darauf ab, die häufigsten Krebsarten zu detektieren. Und die Darmspiegelung ist ein wunderbares Beispiel, weil sie einfach durch Gucken sieht, ob Krebs da ist, weil man während der Spiegelung die Vorläuferstufen entfernen kann. Bei der Brust ist es noch nicht ganz so einfach.
Wir können sie abtasten, wir haben die Mammographie, je früher ich gucke, habe ich einen sehr großen Aufwand und es ist immer schwieriger, die Vorläufer, die einmal bösartig werden und die Vorläufer, die vielleicht jahrzehntelang gutartig bleiben, zu unterscheiden. Das war immer das Problem, eigentlich was wir hatten bei all diesen Früherkennungsuntersuchungen. Wir gucken nicht nur früher, weil es uns zu teuer ist und weil zu wenig Menschen dann davon profitieren, dass die Behandlung auch sehr hoch ist.
Wenn ich zig Frauen behandle, Brüste entferne, die haben aber alle gar nichts, dann macht das einfach auch gar keinen Sinn wissenschaftlich. Deshalb ist dieses Früherkennen daran gekoppelt, dass man auch wirklich erkennt, welches ist der böse Tumor und dann auch weiß, was mache ich mit diesem Tumor. Das ist zum Beispiel auch der Grund, warum es bei jungen Männern kein Hodenkrebs-Screening gibt, weil es die häufigste Krebsart ist.
Das liegt aber daran, dass Hodenkrebs heute gut behandelbar ist. Deshalb ist es auch nicht so essentiell, so früh zu gucken. Und man einfach auch keine Marke hat, woran man die bösartigen Fälle erkennt.
Dieses Problem haben wir, also wir wissen, wie wir es in den Griff kriegen jetzt. Und zwar, auch wenn das doof klingt, weil das im Moment so inflationär häufig als Lösung für alles verwendet wird. Aber das ist die KI.
Aber jetzt nicht eine KI, die sich mit Chat, GPT, irgendwas dahin sich dichtet, sondern es ist Machine Learning. Und das beste Beispiel ist Hautkrebs. Bei Hautkrebs haben wir inzwischen Apps, die bösartige Hautkrebsvorstufen besser erkennen als ein Arzt.
Und das funktioniert ganz einfach, dass man einfach die Bilder, die man macht in Datenbanken speichert plus der Verlauf des Patienten, auf welche Medikamente ist er angesprungen. Idealerweise natürlich zusätzlich mit Tumorgenetik und weiteren Daten. Und wenn man diese Daten mit dem Tumor zusammen sammelt, das kann man genauso gut mit Mammographiebildern machen, mit MRT-Bildern, mit CT-Bildern.
Und da gibt es wahnsinnige Studien, die zeigen, dass diese Programme sogar auf Bildern, die gar nicht zu diesem Zweck aufgenommen wurden, den Tumor hoch zuverlässig erkennen können. Also zum Beispiel Leute, die ein Röntgentorax, also ein Röntgenbild vom Oberkörper bekommen, um zu gucken, ob sie eine Lungenentzündung haben oder was mit den Bräunchen ist, weil der Pankreas teilweise mit auf den Bildern ist. Und die KI erkennt diese Dinge, die für unser menschliches Auge, die dem Radiologen oder dem behandelnden Arzt entgehen, die sieht die KI.
Und das Ziel ist natürlich, dass wir irgendwann so gute Algorithmen haben, die diese Bilder so gut auswerten können, dass wir vielleicht gar nicht mehr die Genetik machen müssen, weil die KI schon sieht auf dem Bild, das ist ein algpositiver Lungentumor, oder dass die sogar am Wachstumsverhalten oder am Gewebeschnitt, im HE-Staining erkennt, was ist es für ein Tumor. Und deshalb sagt auch die WHO, die Früherkennung, zum Beispiel die Mammographie, das Alter soll gesenkt werden, aber nur in Ländern, die dieses frühe Screening an rigorose Forschungsarbeit koppeln. Und das ist in gewisser Weise eine Aufgabe von uns Ländern, die diese Forschungsmöglichkeiten haben.
Weil wenn wir in reichen, modernisierten Ländern einen solchen Algorithmus kreieren, dann können wir den auch mit allen anderen Ländern auf der Welt teilen, sodass nachher, egal in welchem Winkel, in Indien, Afrika, Hauptsache die haben irgendwie ein Mammographiegerät und haben diesen Algorithmus und dann können die hochprofessionelle Unterscheidungen machen, wie wir Tumoren besser behandeln können. Dadurch sinken die Nebenwirkungen, die Erfolge steigen.
Wir werden die Tumoren immer früher erkennen, aber das Problem bei allen Früherkennungsmethoden, die wir heute haben, ist, dass sie ja nur alle ein, zwei Jahre stattfinden. Und was häufig kritisiert wird an der Früherkennung ist, dass man hauptsächlich langsam wachsende Tumore erkennt. Also hochaggressive Tumore, die innerhalb von zwei, die nennt man auch Intervalltumore, weil die auch oft zwischen diesen Vorsorgeuntersuchungen auftreten, die zu kriegen, das wird auch in Zukunft schwierig sein, selbst wenn wir alle zwei Jahre zum Bluttest gehen.
Und deshalb ist die eigene Lebensweise, die diesen Prozess verlangsamt, auch ein entscheidender Faktor, wenn wir diese Vision Zero oder diese Vision Krebs wirklich vollkommen in Griff zu kriegen, die beinhaltet auch immer dann unsere Eigeninitiative.
[Jennifer Knäble] (23:01 - 23:13)
Was ist da die Eigeninitiative? Was wäre die, Hannah? Sport?
Du hast gesagt, zehn Minuten reichen, hauptsache mal den Körper in Wallung bringen, wie du es gerade schön erklärt hast. Was ist es noch?
[Dr. Hanna Heikenwälder] (23:14 - 27:00)
Also es geht ja erstmal, ist es ja für jede Person, je nachdem, was die für einen Lifestyle hat, kann man unterschiedliche Risikofaktoren nennen. Also wenn sie jetzt zum Beispiel ein Raucher sind, dann erstmal rauchen, aufhören oder nicht in der Sonne liegen. Das ist dann ein normaler BMI.
Das geht von 20 bis 25. Tatsächlich aber heißt das dann immer, was ist denn normal und ist das dann noch gut? Aber die Studien haben gezeigt, im unteren Normalbereich.
Also das ist schon wirklich sehr dünn. Man muss aber auch sagen, BMI ist nicht das perfekte Maß. Es wird auch oft kritisiert, weil BMI natürlich nicht berücksichtigt, wie viel ist Muskelmasse, wie viel ist wirklich Körperfett.
Das muss man natürlich schon berücksichtigen. Viele sagen, es ist ein Teilchenumfang zu Körpergröße, weil der Bauchumfang vor allem eben auch das viszerale Fett misst, das gesundheitsschädlich ist. Aber da die Studien, die dann das Krebsrisiko untersuchen, sich alle auf den BMI stützen, greife ich dann auch gerne auf den BMI zurück.
Weil am Ende hat man sonst einen Wert, den man gemessen hat, der aber in keiner Studie verwendet wird. Und dann ist das eben schlechter zu vergleichen. Also ein normaler BMI regelmäßig, regelmäßig Sport, eine gesunde Menge Schlaf.
Und eine gesunde Menge Schlaf heißt nicht, schlafen bis in die Puppen. Das wird auch häufig verwechselt. Also die Menschen denken, je mehr Schlaf, desto besser.
Leider ist das nicht so. Oder Gott sei Dank, für die meisten Menschen wahrscheinlich. Die optimale Schlafdosis für die Gesamtsterblichkeit und das Krebsrisiko ist etwa 7 Stunden.
Wenn man weniger schläft, ist das nicht gut fürs Immunsystem und für den Haushalt. Wenn man deutlich mehr schläft, was dann passiert, ist nicht ganz so gut verstanden, steigt das Krebsrisiko und steigt auch die Gesamtsterblichkeit. Vor allem ganz stark ab 9 Stunden.
Also wer regelmäßig mehr als 9 Stunden schläft, das ist nicht gesund. Und was ich vermute oder was die meisten vermuten, ist, dass einfach durch die Inaktivität, wer einfach sehr viel liegt, durch diese Inaktivität, das Immunsystem wird nicht bewegt, wird nicht in Schwung. Und es gibt Studien auch, die gezeigt haben, das ist eigentlich sehr, sehr erschreckend, dass Krebszellen, das wurde für Brustkrebs gezeigt, im Schlaf metastasieren.
Also man hat Patientinnen und auch bei Mäusen zu mehreren Zeitpunkten Blut abgenommen und die Tumorzelllast war nachts am allerhöchsten. Also der Schönheitsschlaf hat jetzt nochmal ein ganz anderes Gesicht bekommen. Ich weiß auch, dass ich mich da immer sehr unbeliebt mitmache mit diesen Informationen.
Ja, das werde ich auch sehr oft gefragt. Zucker ist natürlich nicht gut in Unmengen. Und das Problem ist aber, dass Zucker natürlich selber, das hört man auch oft, das stimmt nicht, Zucker selber ist nicht krebserregend.
Zucker ist kein Gift. Also Zucker selber, die Verbindung macht keine DNA-Schäden und ist nicht gefährlich. Es sei denn, man ist ein Zahn, sage ich immer, also die Abbauprodukte sind für Zähne, sind sie ja sehr gefährlich.
Wenn ich Zucker zu mir nehme und zu viel, dann kann ich, also das Erste ist Übergewicht natürlich bekommen, aber ich kann auch Stoffwechselstörungen wie Diabetes bekommen oder das metabolische Syndrom. Und diese Stoffwechselstörungen, die stehen in Zusammenhang mit einer sehr, sehr großen Reihe von, ich glaube 13 Krebsarten stehen in Zusammenhang mit Übergewicht. Zum Beispiel Eierstockkrebs, Brustkrebs, Darmkrebs, Gebärmutterkrebs, Pankreaskrebs.
Und bei den Stoffwechselstörungen ist es ähnlich.
[Jennifer Knäble] (27:01 - 28:01)
Das ist auch so, Hanna, wenn ich da einmal noch einklinken auch darf, also ich habe das ganz oft schon gehört, nochmal an dieses Thema Zucker, was du ja gerade auch erklärt hast, dass dann oft gesagt wird, okay, leider die Diagnose Krebs kam jetzt und von dem Moment wurden jetzt verschiedene, sag ich mal, Therapien gestartet, der Lebenswandel wurde geändert, darüber haben wir auch eingangs gesprochen und ein großes Thema ist immer Zucker sofort auf Null setzen. Man hat auch schon von diesen Geschichten gehört, man ist zum Arzt gegangen, hatte einen riesen Tumor im Kopf, Krebs hat eigentlich gedacht oder der Arzt hat gesagt, das sind noch ein paar Wochen, der hat von heute auf morgen gesagt, ich lasse Zucker weg, alles, ich hungere, sagen wir mal, den Körper zuckertechnisch aus und dann hat man die Wundergeschichten gehört, der Mann war auf einmal geheilt oder der Tumor ist extrem zurückgegangen. Sind das dann Einzelgeschichten oder kann sowas tatsächlich auch funktionieren?
[Dr. Hanna Heikenwälder] (28:02 - 32:31)
Also erst mal, das kann, natürlich kann das funktionieren. Krebszellen, das ist dieser Warburg-Effekt, Krebszellen machen vor allem Glykolyse, also verstoffwechseln vor allem Zucker und zwar sogar dann, wenn sie Sauerstoff zur Verfügung haben. Eigentlich ist die Glykolyse ein Notprogramm, was Zellen nur machen, wenn sie keinen Sauerstoff haben und man hat sich lange gefragt, was haben eigentlich die Krebszellen davon, dass sie Zucker brauchen und das ist bis heute tatsächlich nicht ganz geklärt, aber man vermutet, dass sie sich durch diesen Zuckerstoffwechsel irgendwelche Bausubstanzen auch noch generieren, die sie brauchen für ihre Proteinherstellung und dieses Thema des Tumorzellstoffwechsels, das war ein ganz, ganz intensives Forschungsgebiet in den letzten Jahren und tatsächlich weiß man heute, dass Krebszellen vor allem auf gewisse Aminosäuren, also Proteine angewiesen sind für ihren Stoffwechsel und auch für die Glykolyse, weil die Glykolyse braucht zum Beispiel vor allem Glutamin- und Asparaginsäure und die Proteine waren so lange ein so stiefkindlich vernachlässigtes Forschungsgebiet. Wir haben uns immer mit Carbs, also Kohlenhydraten beschäftigt, mit Fetten beschäftigt, aber Proteine waren eigentlich immer durch die Bank weg gut. Also Proteine galt immer, die helfen beim Abnehmen und die sind gut für den Stoffwechsel.
Bei Krebs muss man jetzt erstens sagen, man kann kein Patentrezept aussprechen, weil Tumore so unterschiedlich sind. Tumore sehr unterschiedliche Nährstoffbedürfnisse haben, aber auch sehr viele unterschiedliche Mutationen tragen. Zum Beispiel Pankreastumoren brauchen sehr viel Proteine.
Der Pankreas ist ja ein Organ, was Hormone herstellt, also hat eine sehr hohe Herstellungsrate an Hormonen, braucht viele Proteine. Brustzellen brauchen sehr viele Lipide. Die Brust ist dafür da, fettreiche Muttermilch zu produzieren.
Darmzellen nehmen sehr viel Zucker auf, auch direkt aus dem Darmlumen. Deshalb weiß man auch, dass der Link zwischen Darmkrebs und gezuckerten Getränken ist sehr hoch, vor allem für Fructose. Und dann muss man immer gucken, wie weit ist ein Tumor.
Wenn ich einen Tumor habe, der gutartig ist, der kann auch sehr groß sein. Also jemand kann einen sehr großen Tumor haben, der aber noch keine starken Mutationen im Nährstoffhaushalt hat. Der kann tatsächlich auf eine Einschränkung von zum Beispiel Zucker noch ganz gut reagieren.
Aber sehr fortgeschrittene Tumore, die Mutationen haben, die nehmen ja die Nährstoffe gar nicht mehr wahr. Die wachsen ja einfach weiter. Und wenn sie mehr Mutationen haben, wachsen sie trotzdem weiter.
Die zu versuchen, alleine durch einen Verzicht auf Zucker oder bestimmte Nahrungsbestandteile einzudämmen, das ist ein sehr, sehr gefährliches Spiel. Es gibt allerdings Studien, die zeigen, dass ein kurzzeitiges Fasten zum Zeitpunkt der Chemotherapie 1-2 Tage, also 24-48 Stunden um diese Chemotherapie herum die Nebenwirkungen einer Chemo stark reduzieren kann. Das liegt daran, dass unsere normalen Körperzellen in Abhängigkeit vom Nahrungsangebot wachsen.
Und wenn ich nichts esse, fahren die ins Stoffwechsel runter. Krebszellen tun das ja nicht. Die wachsen ungebremst weiter.
Und wenn ich dann diese Chemotherapeutika, also die Medikamente zu mir nehme, dann nehmen die Krebszellen die volle Dosis auf, die gesunden Zellen allerdings nicht, weil sich diese Nahrungseinschränkungen ins Stoffwechsel runtergefahren haben. Das ist sehr interessant. Das wird noch untersucht für unterschiedliche Krebsarten.
Aber ich bin mir sehr sicher, dass die Ernährung in Zukunft als Teil der Krebstherapie mit zur Therapie gehören wird. Allerdings erst nach einer genetischen Untersuchung des Tumors. Also erst nachdem man geguckt hat, wie bei einer normalen Therapie, personalisierten Therapie, worauf springt der Tumor an.
Und ich glaube, das ist undenkbar, dass man diesen wichtigen Punkt in Zukunft nicht berücksichtigen wird. Weil wir lernen immer mehr über den Tumor, wir lernen immer mehr über die Besonderheiten. Und wir kombinieren auch immer mehr.
Also wir machen eine Chemo, dann machen wir dazu eine Immuntherapie. Wir gucken, wie kann das Immunsystem den Tumor besser erkennen. Und dann kann man gucken, was kann ich noch tun, wenn ich ihm vielleicht dann gleichzeitig noch die Bausubstanzen in der Phase entziehe.
die Tumor-Besonderheiten angreifen. Hanna, wird Krebs jünger?
[Jennifer Knäble] (32:33 - 33:53)
Oder ist unser Empfinden, unsere Aufmerksamkeit einfach heutzutage, sagen wir mal, stärker als noch vielleicht vor 20, 30 Jahren? Also ich bin jetzt 45. Gefühlt in meinem Umfeld hat fast jeder irgendein Thema, du hast es eingangs auch schon gesagt, irgendwie betrifft es uns ja alle irgendwann mal.
Gefühlt ist es so, dass die Diagnosen früher kommen. Also ich habe mehrere Freundinnen, die das Thema Gebärmutterhals haben. Viele Kolleginnen, die das Thema Hautkrebs haben.
Gefühlt war das früher so eine, du hast es eingangs auch gesagt, ältere Leute, Krankheit irgendwann mit 80 kam dann. Ach Mensch, der hat Krebs. Das war irgendwie, wie soll ich sagen, das war auch schlimm, aber man dachte so, naja das ist ein älterer Mensch, der lebt vielleicht im besten Fall jetzt auch noch 10 Jahre damit, gut vielleicht sogar, dann ist er 90, dann heißt es immer, ach der hatte doch ein schönes Leben.
Jetzt wenn man natürlich hört, mit 20, 30, 40 kommen da schon die Diagnosen, die teilweise auch unheilbar sind oder stark fortgeschritten. Ist durch unseren Lebensstil, unseren Lebenswandel, so wie wir heute alle leben, was sagst du?
[Dr. Hanna Heikenwälder] (33:53 - 37:12)
Auch beides. Also was dramatisch ist, dass die Darmkrebsfälle immer häufiger bei jungen Menschen auftreten und da ist es definitiv nicht die Vorsorge, weil wir gucken ja erst ab 50. Das Thema hatten wir neulich auch, also letztes Jahr in einer sehr interessanten ARD Panorama Reportage, wo dann auch die Politik gesagt hat, naja es wird ja immer früher geguckt, aber dann hat der Herr von der WHO gesagt, nein, also bei 30-Jährigen nein, und bei Hautkrebs tatsächlich, glaube ich, ist es tatsächlich möglicherweise auch ein Effekt durch das Einführen des frühen Screenings.
Also Hautkrebs-Screening geht ja schon in den 30ern los. Das gab es früher so nicht. Allerdings muss man sagen, dass viele, was zunimmt, ist ja das Übergewicht.
Da sprechen Wissenschaftler und Ärzte ja von einer Übergewichtsepidemie und was man auch sieht, ist, dass in Zusammenhang mit dieser Übergewichtsepidemie, die auch immer früher, also der Anteil übergewichtiger Kinder und junger Erwachsene, der steigt dramatisch. Und dieses Übergewicht zieht genau die Krebsarten auch in die jungen Altersgruppen, die bei Übergewicht beobachtet werden. Jetzt muss man aber sagen, ich habe selber sehr viele Krebspatienten kennengelernt, die Frühkrebs hatten, die keinen, überhaupt keinen dieser Risikofaktoren haben.
Und das ist aber auch bekannt, dass je früher Krebs auftritt, desto häufiger sind auch Risikogene vorhanden. Also, wir haben beides. Wir haben zum einen diese Krebsarten, die durch den Lifestyle, den modernen Lifestyle, wir sitzen immer mehr, die meisten Menschen haben einen sitzenden Job am Computer im Büro, wir bewegen uns weniger, wir haben sehr hochkalorische Nahrung.
Am Ende ist es dieses Ungleichgewicht. Dieses Ungleichgewicht zwischen dem, was wir essen und dem, was wir verbrauchen und die besseren Vorsorgeuntersuchungen. Also es kommt alles zusammen.
Und auch der Antibiotika-Einsatz, der die Darmflora zerstört und dieser häufige Einsatz, ich glaube, jeder kennt das mit Nebenhöhlenentzündungen, Blasenentzündungen, bei Kindern Binderhautentzündungen, also man kriegt wirklich sehr häufig ein Antibiotikum verschrieben. Oft sind diese Krankheiten eigentlich selber in den Griff zu bekommen, dauern aber zwei Wochen, man steckt potenziell noch andere Kinder oder Menschen an, das möchte auch keiner, das ist natürlich sehr schwierig, aber man sollte sich wirklich fragen, wenn man zum Beispiel eine Nebenhöhlenentzündung hat, warte ich vielleicht noch ein, zwei Tage oder beginne ich die Einnahme, weil oft gehen wir nach etwa einer Woche, wenn wir meinen, das wird nicht besser und jetzt ist es wirklich schlimm, gehen wir zum Arzt, dabei braucht das Immunsystem eigentlich immer so fünf, sieben Tage, bis es reagiert und oft tritt dann sowieso die Besserung ein, ob wir das dann genommen haben oder nicht und ich habe mir angewöhnt, so in den letzten zehn Jahren, dass ich dann, ich nehme das und weiß, ich habe das und wenn das ganz schlimm wird, kann ich das nehmen und dann habe ich es aber oft gar nicht gebraucht. Ich bin jetzt keine Ärztin, ich gebe jetzt keine, ich möchte jetzt niemandem jetzt nahe legen, wenn der Arzt sagt, nehmen Sie das Antibiotikum, ist nicht zu nehmen, aber bei so leichten Atemwegsinfektionen kann man sich vielleicht überlegen, ob man das vielleicht doch noch ein paar Tage ausnimmt.
[Jennifer Knäble] (37:12 - 37:58)
Das ist ein guter Punkt, ich glaube, da ertappt sich jeder, dass er einfach will, das soll schnell weggehen, ich kenne das noch von meiner Mutter, kommt drei Tage, bleibt drei Tage, geht drei Tage, aber die sind natürlich auch nicht schön, diese Tage und manchmal dauert es halt auch dann doch noch länger. Hanna, was ich auch super spannend finde, was du gesagt hast und darüber reden ja auch im Moment wirklich alle und man hört unfassbar viel, das ist ja auch ein, es geht um das Aging, viele gehen ja jetzt vom Anti-Aging schon weg zu Healthy-Aging, aber am Ende, ja, es geht ums Altern, Longevity, eben gesund altern, aber du sagst, dass Altern eigentlich ein natürlicher Schutz ist gegen Krebs, das ist ja auch noch mal eine ganz andere Sichtweise auf die Dinge.
[Dr. Hanna Heikenwälder] (37:59 - 47:18)
Genau, also es gibt ja eigentlich so einen riesigen Spaghetti-Haufen an Begriffen im Moment von Anti-Aging, Longevity, Healthy-Aging, Healthy-Longevity, ich möchte krank Longevity haben. Das ist ein großes Durcheinander an Begriffen und was viele dabei übersehen, wenn wir dann reden nach diesen lästigen, schrumpfenden Telomere und diesen lästigen, seneszenten Zellen und dass diese Mechanismen eigentlich im Laufe der Evolution einen gewissen Zweck erfüllt haben und es hat einen Grund, dass unsere Zellen sich nicht unendlich aufteilen können und dieser Grund ist, dass es uns vor Krebs schützt. Also die Telomere an den Enden unserer DNA schrumpfen mit jeder Zellteilung und deshalb gehen unsere Zellen nach etwa 50 Teilungen in eine Art Altersruhestand, den man Seneszenz nennt.
Das hört man im Moment ganz oft unter diesem total blöden Begriff Zombiezelle, nein, also es sind einfach seneszente Zellen, das sind normale Zellen, die leben noch, die sind aber ausrangiert, weil sie sich schon 50 Mal geteilt haben und im Laufe des Lebens die Zellen nicht mehr schützen, weil sie sich geteilt haben und Schäden angehäuft haben aus dem anderen Grund, aber auch, weil in der Jugend unser sehr starkes Immunsystem alle diese Zellen eliminiert, aussortiert und im Alter nimmt als erstes unsere Immunfunktion ab.
Das erste Organ, was tatsächlich anfängt zu schrumpfen und den Job anfängt aufzugeben, ist der Thymus und der Thymus ist ein Organ, da wissen viele nicht mal, ohne Immunzellen, wenn unsere Blutstammzellen und Immunzellen aufgebraucht sind, sterben wir, also die Menge unserer Blutstammzellen entscheidet, wie lange wir leben können. Bei all diesen Menschen, die 120, 122 wurden, da hat man gesehen, die hatten am Ende nur noch ein, zwei Blutstammzellen und sterben dann buchstäblich am nächsten Schlupfen oder einfach, weil das Blutsystem schrumpft und der Thymus nicht und der Thymus, der schrumpft nicht wirklich, sondern das Thymusgewebe wird durch Fettgewebe ersetzt und bei Menschen, die übergewichtig sind, passiert das auch, also tatsächlich ist Übergewicht, armt das Altern in sehr vielen Punkten nach, also das Immunsystem wird schneller schlechter, der Stoffwechsel wird schlechter und gleichzeitig habe ich dass ich im Blut messen kann von übergewichtigen Personen, die haben erhöhte Entzündungswerte und produzieren Sexualhormone, Östrogen zum Beispiel wird im Fettgewebe produziert und jetzt aber zurück zu Anti-Aging, das, was wir unter Anti-Aging verstehen, ist ja eigentlich schöner aussehen und sich besser fühlen, das ist aber nicht das gleiche wie Longevity, also wenn ich wirklich lange leben möchte, dann muss ich vor allem mehr Langelebigkeit haben und tatsächlich ist es so, dass diese Regeneration, Fruchtbarkeit und Stärke steht in einem Widerspruch zur Langlebigkeit und das ist ein Punkt, das ist eigentlich schockierend, wie sehr der im Moment in diesem Hype übergangen wird, sogar die epigenetische Uhr, von der der Erfinder der epigenetischen Uhr, der Steve Horvath selber sagt, das Ticken ist ein Schutz vor Krebs und Epigenetik und Verjüngung, dabei wird auch übersehen, die epigenetische Uhr ist nicht gleich die biologische Uhr, die ist nur ein Biomarker, also ein Teil von Dingen, die ich messen kann, die mir vielleicht das biologische Alter eines Menschen verraten, es wurde aber noch nie gezeigt, dass wenn ich die künstlich oder medikamentös, wenn ich mich epigenetisch verjünge, dass ich dann auch wirklich länger lebe, diese Daten existieren überhaupt nicht und dass sich die Methylierung von Gen zu oder abnimmt, also ich habe in dieser epigenetischen Uhr am Ende nur 500 Abschnitte, die ich mir angucke, einfach nur deshalb, weil sie so wunderbar funktioniert, um das Alter zu bestimmen, aber ich habe auch ganz viele DNA-Abschnitte, zum Beispiel an den Enden der Chromosomen, wenn sich die Zellen schnell teilen, wo die Methylierung immer schwächer wird im Laufe des Lebens, also natürlich ist eine gesunde Lebensweise, gesunde Ernährung und Sport, der einzige bekannte Weg, also dass das von außen funktioniert, ist gar nicht bekannt und das nächste ist, von allen langlebigen Tiermodellen und allen wirklich langlebigen Menschen auf der Welt wissen wir, dass die extrem niedrig sind in allen Wachstumshormonen, die haben extrem wenig Insulin, IGF1, die haben wenig Sexualhormone und so gerne, also ich kann auch sagen, wenn es mir schlecht geht oder ich Symptome habe in den Wechseljahren, aber man kann nicht sagen, dass diese Hormone keine Rolle spielen und per se das Leben verlängern, dafür gibt es keine Daten, auch wenn viele das sagen, aber das beruht auf Studien, die gar keine Langzeitstudien sind, wir haben diese bioidentischen Hormone erst seit recht kurzer Zeit und all diese Studien, sowohl die neuen als auch die alten, haben ganz, ganz große Fehler, weil der erste Fehler ist, dass zwei Drittel der Studienteilnehmerinnen das ist in der normalen Bevölkerung auch und Hormone werden jenseits der Wechseljahre hauptsächlich im Fettgewebe hergestellt, das heißt, dass diese Hormone, diese kleine Menge an Hormonen, die ich zusätzlich einnehme, im Vergleich zu den Hormonen, die ich im Laufe des Lebens produziert habe oder die im Fettgewebe produziert werden, einen sehr geringen Einfluss hat, das nächste Problem ist, dass sowohl meine Testgruppen als auch meine Kontrollgruppen in all diesen Studien in der gleichen Zeit, der nächste Fehler an den vielen Studien ist, dass die Frauen in den Studien keine Gebärmutter haben, die haben eine Hysterektomie gehabt, dann kommen diese Studien zu dem Fazit, Östrogen alleine ist besser als Östrogen und Progesteron, da vergessen sie aber, man gibt ja das Progesteron, damit man keinen Gebärmutterkrebs kriegt, weil Östrogen alleine macht Gebärmutterkrebs, was ich aber nicht sehe in einer Studie von Frauen ohne Gebärmutter, also es ist oft, es ist so absurd. Wie kann das sein? Es ist oft so auf Social Media, dass sich ein Lauffeuer entfacht.
Das Fazit bleibt ja auch dasselbe. Das Fazit all dieser Studien ist, und das sehen wir auch, dass ein paar Jahre mehr oder weniger Östrogen dem Braten auch nicht mehr Fett machen. Das ist das Fazit.
Das ist aber das Gegenteil von einem präventiven Ansatz. Zu sagen, wir sind sowieso alle so übergewichtig, haben so lange Hormone genommen und das ist jetzt auch egal. Ein präventiver Ansatz sieht einfach anders aus.
Und das ist das, was mich dann immer so ein bisschen stört, dass es dann so ab vom Thema geht. Es muss niemand Angst haben vor Östrogen. Und Östrogene haben bestimmt auch positive Nebeneffekte, z.B. dass sie die Knochendichte erhöhen. Das kann ich aber auch durch Sport. Sport ist gut, um die Knochendichte zu erhöhen. Und das ist genauso wie, wenn ich Proteine einnehme, um z.B. dem altersbedingten Muskelabbau entgegenzuwirken. Nein, auch das funktioniert nicht. Und das wissen wir auch heute. Ich muss trotzdem Sport machen.
Denn wenn ich keinen Sport habe, habe ich gar keinen Reiz, der meine Muskeln zum Wachsen anregt. Dann brauche ich auch die Proteine nicht. Es geht immer, alles, was wir bisher gelernt haben, ist, egal, welche Mittel wir haben, auch Metformin, Metrapamycin, all diese Mittel, die können vielleicht unterstützend wirken, aber sie werden uns niemals die Eigenarbeit abnehmen.
Gleichzeitig sind ja diese Medikamente, auf die jetzt sehr große Hoffnungen gesetzt werden, Metformin und Rapamycin. Und das stimmt tatsächlich, dass Menschen, Diabetiker, die lange Metformin einnehmen, das hat man gesehen, die haben weniger Krebs. Und das sind aber Menschen, die eben Diabetes haben.
Und alle Studien, die wir jetzt machen, sind bei älteren Menschen mit Vorerkrankungen. Aber bei Rapamycin z.B., das wird eingesetzt, um Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantation zu verhindern. Also es moduliert irgendwie das Immunsystem.
Und da wird jetzt untersucht, wie das bei Älteren wirkt. Aber wir wissen gar nicht, was ist, wenn ich jetzt Rapamycin schon mit 20 anfange zu nehmen, aus Longevity-Gründen. Und der Trend geht ja dahin, dass die Menschen immer früher anfangen wollen, diese Mittel zu nehmen.
Und da kann ich einfach nur sagen, besser als etwas zu nehmen, wo ich nicht weiß, was die Nebenwirkungen sind, ist weniger Essen und Sport machen. Weil diese Medikamente am Ende ja auch nur das nachahmen. Aber ich kenne eben die Nebenwirkungen nicht.
Also besser ist es dann, ich mache das Original, ich lebe wirklich gesund und esse gesund und bewege mich, als dass ich dann eine Palette an unüberschaubaren Folgen mit in Kontakt nehme.
[Jennifer Knäble] (47:19 - 47:59)
Absolut, kann ich sofort unterschreiben. Wie sehen denn, Hannah, mit dir noch mal den Blick abschließend in die Zauberkugel oder in die medizinische Zukunftskugel Therapiemöglichkeiten der Zukunft aus? Ich weiß nicht, ob du dazu auch schon was sagen kannst.
Bisher haben wir Chemotherapie, Immuntherapie, Hormontherapie. Gibt es schon etwas, wo du sagst, daran arbeitet die Wissenschaft, dass, keine Ahnung, wird irgendwann auch Tabletten geben oder irgendwelche Säfte, die man einnehmen kann. Abgesehen von dem, was jeder von uns selber tun kann, worüber wir gesprochen haben, Sport, gesunde Ernährung, gesunder Lifestyle, nicht rauchen, nicht in die Sonne legen.
[Dr. Hanna Heikenwälder] (48:00 - 55:09)
Ja, also die Wissenschaft ist sich tatsächlich einmal wirklich einig, dass die Heilung von Krebs über die personalisierte Medizin laufen wird. Das ist auch wieder so ein Begriff, wo sich keiner wirklich was darunter vorstellen kann. Aber personalisiert heißt, dass jeder Patient, der mit einer Krebserkrankung in eine Klinik kommt, eine genaue genetische Analyse vom Tumor bekommt, dass der Stoffwechsel untersucht wird.
Das Mikrobiom, das ist auch sehr interessant. Man weiß ja, man hat Mikroben im Darm. Aber was wir inzwischen auch wissen, Mikroben haben wir auch im Tumor, v.a. im Magendarmtrakt. Lebertumoren, Pankreastumoren, Darmtumoren enthalten Mikroben. Und die entscheiden darüber, ob ein Tumor behandelt werden kann oder nicht. Es gibt Mikroben, die vorher schon das Medikament verstoffwechseln, sodass das im Tumor gar nicht ankommt.
Es gibt Mikroben, die das Immunsystem auf den Tumor richten. Es gibt gute und schlechte. Es kann sein, dass wir in der nahen Zukunft einen Tumor untersuchen und vielleicht sagen, bei diesem Tumor müssen wir dem Patienten erst Antibiotika geben.
Dann können wir ihn behandeln. Oder umgekehrt, dass wir sagen, dieser Patient nimmt eine Kapsel mit bestimmten Mikroben ein, weil das dann besser funktioniert. All diese Dinge fasst man unter dem Begriff Präha zusammen.
Also nicht Reha nach einer Therapie, sondern Präha. Dass ich vor einer Therapie den Mensch fit mache für die Therapie. Z.B. dass ich dem Sport verschreibe, damit das Immunsystem in Schwung kommt. Dass ich dem die richtigen Mikroben gebe, die richtigen Nährstoffe. Und dann eine Therapie, die genau auf die genetischen Veränderungen abzielt. Hier haben wir immer bessere Wirkstoffe, weil wir lernen, welche genetischen Mutationen kommen vor.
Welche sind wichtig, welche muss ich angreifen. Da gibt es unendlich viele neue Ansätze. Z.B. dass man Wirkstoffe gezielt in Krebszellen bringt, weil die an Antikörper gekoppelt sind. Solche Antikörper-Konjugate. Dann gibt es natürlich diese Immuntherapien. Das sind die mRNA-Impfungen, die auch oft falsch dargestellt werden.
Oft in der Tagesschau mit dem gelben Impfpass dahinter. Was natürlich nicht so richtig ist, weil man bekommt die ja, wenn man Krebs hat, als Therapie. Und wenn man das dann nicht möchte, weil man Angst davor hat, dann muss man das nicht.
Man darf bei jeder Therapie in Deutschland sagen, nein, ich möchte nicht. Aber ich persönlich halte sie für extrem erfolgsversprechend, weil das Immunsystem ja so stark ist. Und weil das Immunsystem in jeden kleinen Winkel kommt.
Das Immunsystem kann Metastasen aufspüren. Und das Immunsystem hat sogar ein Gedächtnis. Es kann mich sogar potenziell vor Rückfällen schützen über Jahre.
Und bei diesen mRNA-Impfungen gucke ich mir an, welche Gene sind mutiert, welche kann das Immunsystem erkennen. Da suche ich mir 20, 30 Stück aus. Und mache dann für diesen Patienten und für diese Krebserkrankung eine Impfung.
Wo dann die Immunzellen wie Auftragskiller nur auf diese Krebstellen losgehen. Und da könnte ich Ihnen jetzt noch eine ganze Weile ganz viel erzählen über Krebstherapien. Also die Krebstherapien werden gezielter und auf den Patienten zugeschnitten.
Und gleichzeitig wird aber nicht nur die Therapie personalisiert, sondern auch die Prävention. Das machen wir im Moment nicht. Wir gucken im Moment einfach nur nach Altersklassen und behandeln alle gleich.
Dabei ist es ja offensichtlich, bei allem, was wir heute wissen, dass wir vielleicht den männlichen Raucher, der stark übergewichtig ist, viele Softdrinks trinkt und industriell hergestellte Fleischwaren, dass wir den natürlich früher darmspiegeln müssen. Und wir können vielleicht nicht jeden Menschen mit 20, 30 spiegeln. Aber wir müssen auf jeden Fall diese Risikopatienten mit 30 Jahren spiegeln.
Und das Risiko muss natürlich auch, zum Beispiel, wenn Verwandte früher Krebs hatten. Es gibt ja auch Krebssyndrome, die noch sehr, sehr stark unterschätzt sind. Zum Beispiel das Lynch-Syndrom.
Das ist gar nicht so selten. Und so viele Menschen laufen herum mit diesen genetischen Veranlagungen und wissen es einfach nicht. Wir könnten ihr Leben retten, wenn wir sie frühzeitig finden würden.
Und deshalb muss auch die Prävention personalisiert werden in Zukunft. Und das wird auch passieren. Es gibt in Heidelberg das Nationale Präventionszentrum.
Die bauen Präventionssprechstunden auf, wo jeder Bürger hingehen kann und dann über sein Krebsrisiko aufgeklärt wird. Da passiert im Moment an ganz vielen Standorten ganz viel. In Tübingen haben wir das Zentrum für personalisierte Medizin.
Das gibt es schon für Onkologie, also für Krebsbehandlung. Da haben wir jetzt auch gesehen, dass das wirklich funktioniert. Bei Menschen, die schon austherapiert sind, die eigentlich keine Heilung mehr hatten, die sonst eigentlich nur noch Palliativpatienten wären, kann ein molekulares Tumorboard, was aus Genetikern, Medizinern besteht, die können mit all diesen Daten und der KI, der Hilfe von solchen Algorithmen, Therapieempfehlungen geben.
Und die werden dann an die Krankenkassen weitergeleitet. Und die können dann sagen, okay oder nein. Meistens sagen sie ja, wenn es einen konkreten Vorschlag gibt.
Und man sieht, dass die Patienten tatsächlich länger leben. Und das ist sehr beeindruckend, weil das sind ja Patienten, für die es eigentlich gar nichts mehr gegeben hätte. Und dann fragt man sich natürlich, was wäre, wenn ich das von Anfang an mache?
Das muss natürlich von Anfang an passieren und nicht erst, nachdem ich Zeit verloren habe, Medikamentennebenwirkungen durchlitten habe. Und das ist so einleuchtend, dass ich mir hundertprozentig sicher bin, dass das passiert. Weil wenn das nicht passiert, das ist undenkbar.
Also diese Bewegung der personalisierten Medizin, die wird stattfinden. Und das Interessante ist, wir sind das erste Mal in der Krebsforschung an einem Punkt, wo wir eigentlich wissen, wie. Und es geht jetzt eigentlich darum, das umzusetzen.
Es geht darum, Gelder, das in jeden Winkel des Landes zu kriegen. Es kann nicht sein, dass ich in einem abgelegenen Dorf eine andere Überlebenschance habe als in Berlin oder Heidelberg. Und dann ist natürlich auch viel Datenschutz.
Da muss sehr viel Rechtliches geregelt werden. Der Patient ist in dieser personalisierten Medizin nicht mehr nur ein Empfänger von Leistung, sondern jeder Patient wird auch zu einem Spender von Daten. Es ist ein Netzwerkgedanke, ein Netzwerk.
Da gibt es sehr viele Probleme. Man sagt natürlich, na ja, wenn ich meine ganze Genetik teile, muss ich nachher mehr zahlen bei der Kasse. Aber ich glaube, die Krankenkassen, die wollen vor allem einfach schädliche Therapien nicht an ihren Patienten durchführen lassen.
Die wollen keine jahrzehntelangen Follow-up-Untersuchungen, also Nachuntersuchungen aufgrund von ungezählten Bestrahlungen oder Chemotherapien. Ich bin mir sicher, dass die Krankenkassen davon sehr profitieren. Sonst würden sie auch nicht bei all diesem zustimmen.
Tatsächlich waren die Krankenkassen die, die zuerst oder von Anfang an mit im Boot waren. Woraufhin die Politik die Weichen gestellt hat. Ich bin sehr zuversichtlich, dass da sehr viel kommen wird.
Auch die Bluttests in Zukunft, die das besser erkennen. Da liest man jeden Tag Publikationen. Es wird immer genauer und immer zuverlässiger.
[Jennifer Knäble] (55:10 - 56:05)
Ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe zum ersten Mal das Gefühl bei diesem Thema, was mich ehrlicherweise auch oft sehr traurig macht, immer wenn ich etwas lese und denke, oh Mann, das gibt es doch nicht, dass es da immer noch nichts gibt. Das ist so das, was man bei ganz vielen Freunden und Bekannten immer hört, das gibt es doch nicht, dass die nicht weiterkommen seit so vielen Jahren. Hanna, ich habe zum ersten Mal mit dir das Gefühl, es tut sich wirklich was.
Danke, dass es Menschen gibt wie dich, die das mit so einer großen Passion, mit so einer großen Leidenschaft durchleben. Mach weiter so. Ich freue mich vielleicht auf ein Follow-up in nächster Zeit.
Wenn der nächste Durchbruch ansteht, danke für deine Zeit, danke für diese spannenden Insights. Ich drücke alle Daumen, dass wir da bei diesem Thema ganz schnell weiterkommen. Vielen Dank, Hanna Heikenwälder, dass du heute mein Gast warst.
[Dr. Hanna Heikenwälder] (56:06 - 56:07)
Vielen Dank für das interessante Gespräch.
[Jennifer Knäble] (56:11 - 56:19)
Hanna, wenn du ein Supplement nehmen dürftest, nur noch eins, welches wäre das? Vitamin D. Warum?
[Dr. Hanna Heikenwälder] (56:20 - 56:23)
Weil Vitamin D so wichtig für die Immunfunktion ist.
[Jennifer Knäble] (56:23 - 56:45)
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